Einen ersten Auftritt hatte der Valhalla indirekt schon im James-Bond-Film "Keine Zeit zu sterben": Dort taucht er kurz in einem Windkanal der Q-Branch auf, obwohl das Fahrzeug selbst dort nicht zum Einsatz kam. Jetzt steht der echte Valahlla (zumindest als Vorserienmodell - noch ohne Antriebsstrang) bereit für eine erste Sitzprobe.
Mit dabei: Simon Inglefield, Global Head of Personalisation and Special Sales - und damit für den Valhalla zuständig. Für den Briten bedeutet er nicht weniger als eine "historische Zeitenwende" der Marke. Er öffnet uns die Flügeltür, wir gleiten in die Sitzschale und stellen fest: Passt wie angegossen, ohne dass man irgendetwas einstellen könnte oder müsste: Wir gehen mal davon aus, dass die Interieur-Gestalter rund 1,9 Meter messen und ca. 90 Kilogramm schwer sind - so wie der Autor. Was eigentlich nicht sein kann, da dafür auch die Formel-1-Abteilung ins Boot geholt wurde inklusive der Aston-Fahrer Vettel und Stroll. In der Formel 1 zählt aber jeder Zentimeter weniger Körpergröße und jedes Gramm Gewicht Stroll misst bei 1,82 Metern Größe 76 Kilogramm, während Vettel mit 1,76 Metern 74 Kilogramm auf die Waage bringt. Auch Nico Hülkenberg war bei den letzten Beratungen dabei... Anyway - im Gegensatz zu italienischen Autos passen die Sitzverhältnisse bei Briten eigentlich immer. Zumal die Formel-1-Fahrer rieten, statt der Pedalerie den Sitz zu verstellen - ist einfacher für die Fahrer und spart Aufwand und Gewicht! Womit die Formel-1-Fahrer und Aston Martin ausgerechnet bei einem Hypercar dem sehr gesunden Ansatz „reduce to the Max“ folgen!
Valhalla wird weniger extrem als Valkyrie
Kurzer Rückblick: Das Duo Valkyrie/Valhalla entstand ursprünglich aus einer Zusammenarbeit zwischen Aston Martin und Red Bull Racing. Einst AM-RB 003 genannt, wurde der Projektname für das Auto bei der öffentlichen Vorstellung als "Sohn der Valkyrie" enthüllt, da er viele Technologien nutzt, die zuerst im Valkyrie eingesetzt wurden. Valhalla folgt der Tradition zahlreicher früherer performanter Aston Martin-Modelle, die mit dem Buchstaben "V" beginnen. Wie die Walküre hat auch der Name "Valhalla" seinen Ursprung in der nordischen Mythologie. Das Chassis fußt auf einer Variante des Kohlefaser-Monocoque-Chassis des Valkyrie, wobei die Karosserieteile aus demselben Material gefertigt werden.
Wir blicken auf ein reduziertes und trotzdem Aston-typisches elegantes Cockpit mit wenigen klaren Bedienelementen und freuen uns, dass man hier der Versuchung widerstand, alles per Megascreen lösen zu wollen. Auftritt Corenn Lange, Head of Q & Special Projects Europe & MENAT bei Aston Martin Lagonda. Sie ist sozusagen „Misses Q“ und kennt jedes kleinste Titan-Schräubchen im Valhalla. Also: Innen wird der aufgesetzte Bildschirm einer integrierten Lösung weichen, da eleganter. Und wie gesagt, die einstellbare Pedalerie wird einem einfacher einstellbaren Sitz weichen. Tipp der Formel-1-Truppe: Keep it simple! Außerdem spart man laut Lange Gewicht und Platz im knappen Bauraum hinter der Vorderachse. Schließlich wolle man die 1.550 kg Leergewicht halten, was übrigens auch ein Grund ist, weshalb man weiterhin auf die Kombination Verbrenner mit E-Antrieb samt nicht allzu großer Akkus setzt, die man wie den Antrieb zwischen Vorder- und Hinterachse aufteilt. Hersteller? Noch unbekannt, könnte aber britisch sein.
Aerodynamik: Abgeleitet aus der Formel 1
Womit wir nach gelungener und ansprechender Sitzprobe wieder aussteigen und uns von Lange die Aerodynamik erklären lassen, die vom Wissen des Aerodynamik-Papstes Adrian Newey profitiert. Also fangen wir ganz vorn an: Die Aston-Fans wollten sowohl ihren „Aston Bow“ (im Kühlergrill) als auch ihren Aston Hill (Übergang Scheinwerfer-Mitte Front) sehen - ein Wunsch, dem man nachkommen konnte. Womit der Valhalla für die Hardcore-Fans ein echter „Aston Martin“ ist. Eine Lift-Funktion hebt die Front bei Bedarf um 15 mm an. Die Luft wird dann durch die Radhäuser geleitet, von wo sie im Idealfall direkt zum Ansaugtrakt des Motors strömen soll und an den innen geöffneten Radhäusern die Steinchen mitnehmen soll, bevor diese auf der Scheibe einschlagen. Und ja, Scheibenwischer gibt es noch keine, die hassen die Gestalter, aber es werden laut Lange wohl zwei werden (für Rechts- und Linkslenker unvermeidlich wenn man keine große Parallelogrammlösung irgendwo auf der Scheibe ablegen will). Man könnte doch den vom Valkyrie übernehmen? Dessen Carbon-Wischer kostet als gedrucktes Ersatzteil 15.000 Pfund...hier undenkbar. Denn der Valhalla soll gefahren und gesehen werden und sich nicht in Minimalstückzahl mit Minimalkilometern in Sammlergaragen die Reifen platt stehen.
Tipps von den Schnellsten: Die Formel-1-Fahrer gaben Tipps für mehr Alltagstauglichkeit
Weshalb man mit der Formel-1-Truppe auch viel an der Alltagstauglichkeit feilte - und natürlich der Aerodynamik. Downforce bei 241 km/h: 600 kg. Sollte passen! Und man plant perspektivisch den Rekord des AMG One einzustellen und den Nürburgring binnen 6:30 zu umrunden...aktuell entwickelt man aber erstmal Richtung Serienstart weiter. Am Heck ist die Unterlippe des Diffusors deutlich nach außen gerückt - Laut Lange ein Zugeständnis an den US-Markt. Denn der Valhalla wird grundsätzlich für alle Märkte zertifiziert. Spannend wird das auch mit den Vorderrädern, die dank innen offenen Kotflügeln immer zu sehen sind. Steinchen sollen laut Lange keine nach innen und damit auf die Scheibe fliegen können, doch finale Sicherheit werden erst letzte Praxistests bringen. Spannend sind auch die Seitenkästen, die komplett aus den Formel-1-Boliden heraus entwickelt wurden und auch für Downforce, aber auch für die Kühlung der Aggregate im Heck sorgen sollen.
Womit wir zum heißesten Punkt des Valhalla kommen, dem Antrieb. Dort übernimmt man laut Lange zwar den Block und die flat plane Kurbelwelle des AMG Black Series und kombiniert das aber mit einer ganz eigenen Aston-spezifischen Peripherie. Die ändert sich komplett, was schon beim Abgasstrom beginnt, den man nach den Turbos auf dem kürzesten Weg gen Himmel schickt - die Endrohre treten schon kurz hinter der Kanzel wieder an die Luft. Da auch Kühlsystem (mehr Luft, weniger Wasser - spart wieder Gewicht) und diverse andere Komponenten ganz anders spezifiziert sind als bei AMG wird Valhalla auch ganz anders klingen: Statt bösem Bollern dürfte es eher ein bedrohliches Fauchen werden. Ergebnis: Geplant sind jetzt statt 950 ganze 1012 PS (800 aus dem AMG-Verbrenner plus 212 aus den E-Maschinen (und Akkus an Front und Heck)!
Die ganze Kraft leitet Aston Martin per Achtgang-Doppelkupplungs-Getriebe von Graziano an die Räder. Interessant: Beim Reversieren wird der Valhalla zum Fronttriebler, denn für das Rückwärtsfahren ist allein die E-Maschine an der Vorderachse zuständig. Und falls man ohnehin nur schnell und leise ins Büro in der Londoner City gleiten will, ist auch das möglich: Bis zu 15 Kilometer (naja, real dann eher zehn bis zwölf) kann der Valhalla auch rein elektrisch und flüsterleise.
Die besten News für die, die es sich leisten können zum Schluss: Es sind zwar schon zwei Drittel der Produktion verkauft - doch im Gegensatz zu den vielen anderen minimalstückzahligen Hypercars sind vom Valhalla noch Exemplare bestellbar.
Was bedeutet das?
Aston-intern könnte der Valhalla der Wendepunkt in der Geschichte werden und einzigartig bleiben: Er ist das erste elektrifizierte Modell der Marke und steht als Blaupause für künftige straßenzugelassene Mittelmotorsportler der Marke, weit weniger extrem als der wildere Valkyrie. Er hat weder direkte Vorgänger noch Nachfolger - hier denkt man auch bei Aston Martin aber eher rein elektrisch. Und hofft, dass bis dahin die Akkugewicht noch massiv sinken werden - denn einen Zwei-Tonnen-Mittelmotorsportwagen halten die Briten schlicht für „absurd“.
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