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Ariadne-Studie: Gas und Bremse - fossile Subventionen konterkarieren CO2-Preis und belohnen klimaschädliches Verhalten

Wie Gas und Bremse gleichzeitig: Dienstwagen- oder Dieselprivileg, Pendlerpauschale und Kerosinsteuerbefreiung - Subventionen im Verkehr bedeuten negative CO2-Preise in Höhe von bis zu minus 690 Euro pro Tonne CO2. Auch schwächen sie die Wirkung von CO2-Abgaben als wichtiges Instrument der Klimapolitik. Das rechnen Ariadne-Forschende nun genauer vor. Es profitieren vor allem einkommensstarke Haushalte. Das Fazit ist verheerend für die aktuelle Politik. Denn sie belohnt klimaschädliches Verhalten.

Wie Gas und Bremse gleichzeitig: Die fossilen Subventionen des aktuellen steuerpolitischen Rahmens zementieren den Gebrauch von konventionellen Fahrzeugen und konterkarieren die Wirkung des CO2-Preises. | Foto: dpa/Marijan Murat
Wie Gas und Bremse gleichzeitig: Die fossilen Subventionen des aktuellen steuerpolitischen Rahmens zementieren den Gebrauch von konventionellen Fahrzeugen und konterkarieren die Wirkung des CO2-Preises. | Foto: dpa/Marijan Murat
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Aktuelle Berechnungen von Ariadne-Forschenden im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Kopernikus-Projekts unterstreichen, dass Deutschlands derzeitiges Steuer- und Abgabesystem im Verkehrssektor noch stark auf die Nutzung fossiler Energieträger ausgerichtet ist. Das erschwert es, die gesetzten Klimaziele zu erreichen, so das Fazit der Forscher. Laut Umweltbundesamt könnten durch den Abbau dieser Subventionen bis 2030 gesamt 28 Millionen Tonnen CO2 einsparen lassen. Umgekehrt würde bei Beibehaltung auch ein höherer CO2-Preis keine Wirkungs entfalten.

„Aktuell treten wir beim Klimaschutz im Verkehr mit einem Fuß aufs Gas, mit dem anderen auf die Bremse: Emissionsverursacher sollten durch den CO2-Preis eigentlich Anreize zur Senkung von Emissionen erhalten. Unsere Forschung zeigt, wie sehr Haushalte, die Diesel fahren, längere Wege mit dem privaten Auto oder Dienstwagen zur Arbeit pendeln oder innerdeutsche Flüge nutzen, aktuell durch Subventionen für den Ausstoß einer Tonne CO2 belohnt werden“, erklärt Ariadne-Experte Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI.

Preissignale vergleichbar machen

Um die Bedeutung von Subventionen im Verkehr für die deutsche Klimapolitik herauszustellen und einzuordnen, haben Ariadne-Fachleute sie mit den CO2-Abgaben, einem tragenden Instrument der Klimapolitik, vergleichbar gemacht. Die Forschenden betrachten vier Subventionen mit Einfluss auf die nationalen CO2-Emissionen des deutschen Verkehrssektors: das Dieselprivileg (Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff), die Pendlerpauschale (Entfernungspauschale), das Dienstwagenprivileg (Pauschale Besteuerung des geldwerten Vorteils privat genutzter Dienstwagen) und die Kerosinsteuerbefreiung (Energiesteuerbefreiung für Kraftstoffe im inländischen Flugverkehr).

„Wir haben zum ersten Mal vier wesentliche Subventionen aus dem Verkehrsbereich in negative CO2-Preise umgerechnet. Die Umrechnung ermöglicht einen Vergleich mit dem tatsächlichen CO2-Preis für den Verkehr“, erläutert Ariadne-Fachmann Nicolas Koch vom Mercator Institute for Global Commons and Climate Change MCC.

 

Die Berechnungen der Forschenden zeigen: Die genannten Subventionen entsprechen negativen CO2-Preisen zwischen minus 70 Euro und minus 690 Euro pro Tonne CO2. Damit überkompensieren sie den aktuell geltenden CO2-Preis von 45 Euro pro Tonne zum Teil beträchtlich. Widersprüchliche Preissignale Pauschal umgerechnet in Euro pro Liter Benzin entsprechen die Subventionen Kostenersparnissen von 0,18 bis 1,70 € pro Liter. Die Höhe der Subventionen im Verkehr übersteigt also deutlich die des aktuellen CO2-Preises von 45 Euro pro Tonne CO2 oder ca. 0,11 Euro pro Liter Benzin. Und auch den geplanten: Ab kommenden Jahr soll der CO2-Preis auf 55 Euro pro Tonne steigen, 2026 dann auf 55 bis 65 Euro pro Tonne, anschließend greift dann der Zertifikatehandel der EU, für den noch keine fixen Preise gelten.

„Diese sich widersprechenden Preissignale schwächen die Wirkungsweise der CO2-Bepreisung und konterkarieren so Klimaschutzbemühungen. Wenn sich der CO2-Preis als eins der Leitinstrumente der Klimapolitik durchsetzen soll, dann müssen verzerrende Subventionen im Verkehr soweit möglich abgebaut oder klimafreundlich umgebaut werden“, fordert Koch.

Einkommensstarke Haushalte profitieren

Die Verteilungswirkung unterscheiden sich dem Autorenteam zufolge für die vier betrachteten Subventionen. „Von den von uns untersuchten Subventionen profitieren hauptsächlich wohlhabende Haushalte“, erläutert Ariadne-Experte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

„Die Wirkungen des Dieselprivilegs sind vor allem bei mittleren und höheren Einkommensgruppen spürbar, bei denen ein Drittel aller Haushalte einen Diesel fährt. Auch die Pendlerpauschale entlastet vor allem mittlere und höhere Einkommensgruppen.“

Das Dienstwagenprivileg begünstige vor allem Haushalte mit hohem Einkommen, denn nur wenige Erwerbstätige mit geringen oder mittleren Einkommen würden einen Dienstwagen besitzen. Die Entlastungswirkung der Kerosinsteuerbefreiung sei als gering einzuschätzen, so die Forschenden. Mögliche Reformoptionen wären die schrittweise Abschaffung des Dieselsteuerprivilegs, was schon kurzfristig zu spürbaren Emissionsminderungen führen könnte. Eine Umgestaltung des Dienstwagenprivilegs gestaffelt nach CO2-Emissionen der Fahrzeuge könne den Hochlauf der E-Mobilität unterstützen. Eine Reform der Pendlerpauschale sollte klimafreundliche Mobilitätsvarianten zum Auto attraktiver machen.

Das Finanzministerium definiert Subventionen einfach anders

Allerdings leugnet das FDP-geführte Finanzministerium unter Christian Lindner, dass es sich etwa beim Dienstwagenprivileg um eine Subvention handle. Der Abbau der Pendlerpauschale sei keine Subventionsstreichung, sondern eine Steuererhöhung, so die Interpretation des Lindner-Hauses. Die Ariadne-Forscher verweisen da nüchtern auf die Definition der Welthandelsorganisation WTO. Subvention ist, wenn "eine Regierung auf normalerweise zu entrichtende Abgaben verzichtet oder diese nicht erhebt".

Dabei heißt es mit Verweis auf den im Ampel-Koalitionsvertrag eigentlich vermeintlich klar gefassten Plan von Seiten des Finanzministeriums laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung: "Der Abbau klimaschädlicher Subventionen als Ziel des Koalitions bleibt ein laufender Dauerauftrag für dei gesamte Bundesregierung". Laut Handelsblatt stünden auf einer internen Ministeriumsliste 21 Subventionen, die gestrichen werden könnten, wobei es sich um komplett andere handelt, als die von den Forschern ins Visier genommenen. Etwa die Steuerbefreiung von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen, der ermäßigte Stueersatz für kulturelle und unterhaltende Leistungen sowie just die Begünstigung von E-Fahrzeugen bei der Dienstwagenbesteuerung.

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