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Aiways: Start-up mit höchsten Ambitionen

Mit Aiways betritt eine weitere neue Mobilitätsmarke das internationale Parkett – und unterscheidet sich in vielen Details von den anderen Fahrzeugherstellern.

Der RG "Nathalie" von Gumpert Aiways Automobile GmbH startet als Leuchtturmprojekt, dem bald ein Elektro-SUV folgt. | Foto: G. Soller
Der RG "Nathalie" von Gumpert Aiways Automobile GmbH startet als Leuchtturmprojekt, dem bald ein Elektro-SUV folgt. | Foto: G. Soller
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Gregor Soller

Aiways wurde im Februar 2017 in Shanghai gegründet und bezeichnet sich selbst als multinationales Mobilitätstechnologieunternehmen. Aiways gehört zwar prinzipiell zu den chinesischen Startups der Autobranche – fährt aber einen differenzierten Ansatz. Der Name steht für "AI (artificial intelligence) ist auf dem Weg" -“AI is on the way”. Aiways wurde gemeinsam von Fu Qiang (Präsident) und Gu Feng (CEO) gegründet. Beide hatten hochrangige Positionen in traditionellen Automobilunternehmen inne und verfügen über eine umfangreiche Berufserfahrung im Bereich Automotive Marketing, Finanzierung sowie weitreichende strategische Visionen. Der Aiways-Präsident, der sich international Samuel Fu nennt,  merkte in seiner Zeit bei dem Joint Venture-Partner FAW von Volkswagen sehr schnell, dass man eingesessene Großunternehmen nicht von heute auf morgen einfach „drehen“ kann. Gleichzeitig wollte er aber eine Antwort finden auf den raschen Wandel in der Mobilität.

Fu und seine Mitstreiter haben allesamt Erfahrung in der Autoindustrie und waren nicht nur bei Volkswagen und Audi (über FAW und SAIC) tätig, sondern auch bei Geely/Volvo sowie den Joint Ventures von BMW und Daimler. Wie sehr Wu das deutsche Qualitätsverständnis in Fleisch und Blut überging, zeigte seine Weigerung, einen eigenen Aiways-Prototypen zur Präsentation des RG „Nathalie“ der Tochter Gumpert mit an den Nürburgring zu bringen – die Vorserienfahrzeuge waren ihm schlicht und ergreifend nicht perfekt genug!

Aiways hat sich das hohe Ziel gesetzt, die Umwandlung der Automobilindustrie mit KI-Technologie zu beschleunigen, die Wertschöpfungskette umzugestalten und maßgeschneiderte und bequeme Mobilitäts- und Reise-Produkte, Dienstleistungen und Erlebnisse anzubieten. Dazu trieben Wu und seine Kollegen die Entwicklung der Kerntechnologie und die Produktentwicklung voran. Das Ergebnis ist hier der sogenannte „MAS“-Baukasten, was für „more adaptable structure“ steht. Und im Prinzip einen hochflexiblen Elektrobaukasten beinhaltet, wie man ihn ähnlich von VW (MEB) oder JLR (I-Pace) kennt.

Dazu kommt der Aufbau eines Lieferantennetzwerks, Bau der Werke und ihrer Infrastruktur, die Entwicklung von Kooperationen im Bereich automobiler Servicedienstleistungen und Planung von Reisedienstleistungen, globaler Vertrieb, Teambuilding sowie Investition und Finanzierung. Mittlerweile arbeiten laut Dr. Alexander Klose, der hier gern mit „Alex“ abgekürzt wird und für die Overseas-Operations verantwortlich ist, rund 1000 Menschen für Aiways. Erstes eigenes Modell wird der Aiways U5 ION: Ein  elektrischer SUV, der auf Basis der MAS-Plattform entwickelt wurde. RG Nathalie, von Roland Gumpert, dem "Vater des Audi quattro" entwickelt, ist der weltweit erste Elektrosportwagen mit Rennstreckenniveau.

Weltweiter Aufbau: Mit einer globalen Ausrichtung in seiner Marktpositionierung will man Produkte nach europäischen Standards entwickeln und widmet sich der Aufgabe als Vertreter der "Quality Revolution of Intelligent Manufacturing in China" im Bereich der intelligenten New-Energy-Fahrzeuge. Der Hauptsitz von Aiways mit den Bereichen Einkauf, Engineering und Vertrieb befindet sich auf dem Hightech-Campus von Changyang in Shanghai. Die eigene intelligente Fertigungsbasis ist in Shangrao in der Provinz Jiangxi ansässig, das Technologie- und Testzentrum ist in Jiading, Shanghai beheimatet, und das Batteriewerk in Changshu in der Provinz Jiangsu. Im Ausland verfügt Aiways über eine Tochtergesellschaft: Gumpert Aiways Automobile in Deutschland, die als Brückenkopf zur Entwicklung von Zukunftstechnologien agiert und Hochleistungselektrofahrzeuge entwickelt. Roland Gumpert ist CEO von Gumpert Aiways und Leiter des German Technology Centers und gleichzeitig der CPO von Aiways.

Darüber hinaus verfügt Aiways über ein Technologielabor für vorausschauende Technologieentwicklung in Detroit, Michigan, USA, das sich auf die Technologien des automatisierten Fahrens konzentriert. Im Oktober, als Dr. Alexander Klose als Executive Vice President für das internationale Geschäft im Unternehmen seine Arbeit aufnahm, trat Aiways in die Implementierungsphase der Auslandsaktivitäten ein. In Deutschland plant Klose eine Zentrale in Frankfurt, das international und deutschlandweit bestens erreichbar ist und keinerlei Verbindungen zu bestehenden Automobilherstellern mehr hat – seit Adler dort seine Autoproduktion beendete, sind bald 80 Jahre vergangen.

Interessant sind Aiways Statuten: Man möchte Menschen mit Aufrichtigkeit und Herzlichkeit behandeln und betrachtet die Bedürfnisse der Kunden als den Kern und möchte ihnen idealerweise eine "liebevolle" Reiseerfahrung anstatt eines kalten technologischen Vorgangs bieten, was man Samuel Fu auch abnimmt: Er hat bei der Präsentation seines Unternehmens seine Vorgabezettel völlig ignoriert, weil ihm andere Inhalte tatsächlich „eine Herzenssache“ waren, die er dann frei vorgetragen hat. Trotzdem respektiert man die Gesetze der Automobilindustrie vollständig. Auf der Grundlage der reichen Erfahrung suche man aber ständig neue Wege. Bis dato hat Aiways mehr als 200 Patente eingereicht, von denen bislang 74 erteilt wurden.

Aiways errichtete ein Forschungs- und Entwicklungszentrum, das am 13. April 2018 offiziell eröffnete. Es ist in der Lage, Kernexperimente zur Gesamtfahrzeugentwicklung durchzuführen und systematisch Tonmodelle, Versuchswagen, Antriebssysteme sowie Elektronik und elektrische Elemente zu testen. Die wichtigsten Forscher und Techniker des F&E-Zentrums kommen alle von Volkswagen und garantieren eine einheitliche Fachsprache. Über 95 % der F&E-Mitarbeiter haben einen Bachelor-Abschluss; 85 % von ihnen haben mindestens 5 Jahre Erfahrung und über 90 % verfügen über einen technischen Hintergrund in der Automobilindustrie. Der Produktionsstandort befindet sich in Shangrao. Mit der ersten Bauphase, die im Dezember 2018 abgeschlossen sein wird, erhöht sich die Produktionskapazität auf 150.000 Einheiten; der zweite Bauabschnitt ermöglicht es, die Kapazität auf 300.000 Einheiten zu steigern. Unter dem Begriff "automatisiert, flexibel, digital" werden Produktionseffizienz und Produktqualität der Inbegriff des Shangrao-Produktionsstandortes sein. In Zusammenarbeit mit Siemens übernimmt Aiways die moderne Technologie des "digitalen Zwillings" und ermöglicht die Simulation in einer virtuellen Online-Fabrik noch vor dem tatsächlichen Produktionsanlauf. Interessant ist die Tatsache, dass Aiways schon eine komplette Pressenstraße für die Modelle auf MAS-Plattform installiert hat. Die wird prinzipiell ein Aluchassis mit Stahlkarosserie nutzen und damit auf eine klassische Mischbauweise setzen – auch, um die Preise erschwinglich zu halten.

Was bedeutet das?

Aiways hat große Ambitionen und solide staatliche Kredite im Hintergrund. Im Gegensatz zu vielen anderen Startups und chinesischen Newcomern fällt die Marke vor allem tatsächlich durch ihre bescheidene Freundlichkeit und der soliden Vorgehensweise auf. Die Werke (Autos, Akkus und Brennstoffzellen) und Entwicklungseinheiten sind bewusst getrennt organisiert und können auch für andere Hersteller entwickeln und autark agieren.

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