Agora Studie: Pkw-Maut wichtiger Baustein der Verkehrswende
Eine verursachergerechte Pkw-Maut könnte den Erhalt von Straßen in Deutschland sichern und den Ausbau der Infrastruktur für klimaneutrale Mobilität stärken. Das hat der Thinktank Agora Verkehrswende in einer neuen Studie aufgezeigt. Hintergrund ist vor allem, dass die bisherige Finanzierung der Straßeninfrastruktur über die Energiesteuer auf Benzin und Diesel mit dem Umstieg auf Elektromobilität in den kommenden Jahren wegbrechen wird.
Nach Einschätzung von Agora Verkehrswende kann die Pkw-Maut bei einer Erhebung pro Kilometer auf allen Straßen, nicht nur auf Autobahnen, Einnahmen in Höhe von rund 33 Milliarden Euro im Jahr 2030 garantieren. Das decke nicht nur die Kosten für die Straßeninfrastruktur, sondern auch die vom Pkw-Verkehr verursachten Kosten durch Luftverschmutzung, Lärm und Flächenverbrauch. Gut die Hälfte des Geldes könne für öffentlichen Verkehr, Fuß- und Radinfrastruktur sowie Lärmschutz genutzt werden.
„Wer im Verkehr weg vom Erdöl will, muss auch die Finanzierung der Infrastruktur langfristig auf neue Beine stellen. Eine verursachergerechte Pkw-Maut folgt dem Prinzip: Wer mehr fährt und dadurch die Straßen mehr nutzt und der Allgemeinheit Kosten aufbürdet, der zahlt auch mehr. Auf dieser Grundlage lässt sich ein faires Finanzierungsmodell aufbauen, das die Mobilität für alle verbessert und den Klimaschutz stärkt. Eine solche Pkw-Maut kann zu einem Digitalisierungs- und Modernisierungsprojekt mit internationaler Vorbildfunktion werden", erklärt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende.
Differenzierung nach Fahrleistung, Gewicht und Verkehrsaufkommen
Die Studie, die das Forschungs- und Beratungsunternehmen Infras im Auftrag der Denkfabrik durchgeführt hat, liefert ein Modell für eine Pkw-Maut in Deutschland. Untersucht wurden die Kosten und der Nutzen sowie die technische und politische Umsetzung. Neben den gefahrenen Kilometern sollen bei der Erhebung der Pkw-Maut laut Studie weitere Faktoren eine Rolle spielen. Das Fahrzeuggewicht sei sinnvoll, um kleinere Fahrzeuge zu begünstigen und weil schwere Fahrzeuge Straßen stärker in Anspruch nehmen. Zu prüfen wäre auch eine Differenzierung nach Schadstoffausstoß. Schließlich wäre es sinnvoll, an vielbefahrenen Straßen zu besonders verkehrsreichen Zeiten höhere Gebühren zu verlangen, so das Plädoyer.
Lokale Anti-Staugebühr ermöglichen
Der Gebührenanteil für die Überlastung von Straßen und öffentlichem Raum in Städten und Gemeinden soll nach Einschätzung des Think Tanks als zusätzliche Option in der Verantwortung der Kommunen liegen. Die Einnahmen aus einer solchen lokalen Anti-Stau-Gebühr – maximal rund 11 Milliarden Euro – sollten vor Ort eingesetzt werden, zum Beispiel für den ÖPNV oder für Rad- und Fußwege. Schon heute würden einige Kommunen über die Einführung einer City-Maut diskutieren, um das Verkehrsaufkommen sowie die Lärm- und Schadstoffbelastung zu senken. Im Rahmen einer bundesweiten Pkw-Maut wäre es möglich, einheitliche Standards zu setzen.
Baustein für faire und effiziente Verteilung
Aufgrund der vielseitigen Vorteile sieht Urs Maier, Projektleiter bei Agora Verkehrswende, in der verursachergerechten Pkw-Maut „einen Baustein für ein digitalisiertes und klimaneutrales Verkehrssystem. Sie sichert die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur mit digitalen Mitteln und führt zu einer fairen und effizienten Aufteilung der Kosten im Straßenverkehr. Durch die differenzierten Preissignale lassen sich der Verkehrsfluss und die Auslastung der Infrastruktur besser steuern. Durch die Investitionen in bessere Mobilitätsangebote wird Pkw-Verkehr auf andere Verkehrsarten verlagert und der öffentliche Verkehr wird für alle attraktiver.“
Stufenweise Einführung möglichst ab 2025
Zur Einführung der Pkw-Maut solle die Bundesregierung im Laufe dieser Legislaturperiode ein Konzept erarbeiten und dann ein Gesetz auf den Weg bringen. Für den Hochlauf schlägt Agora Verkehrswende ein Stufenmodell vor, sodass die Einnahmen nach und nach die Ausfälle bei der Energiesteuer ausgleichen. Die erste Stufe würde im Jahr 2025 mit einem durchschnittlichen Preis von 2,6 Cent pro Kilometer ansetzen. 2030 läge der Preis bei 5,4 Cent. Rechtlich lässt sich eine Pkw-Maut aus dem Grundgesetz als Gebühr für die Benutzung von Straßen herleiten. Die EU empfiehlt außerdem mit der neuen Wegekostenrichtlinie, Infrastrukturgebühren auch für Pkw zu erheben.
Lkw-Maut als technische Basis
Technisch kann die Pkw-Maut auf der Lkw-Maut aufbauen. Die für die Maut relevanten Fahrzeugdaten müssten digital registriert werden. Der erforderliche Datenschutz lasse sich beim Aufbau des Systems von Anfang gewährleisten. Zur Erfassung der Fahrleistung bietet sich ein System aus Lokalisierung über Satellit und Datenübertragung per Mobilfunk an, wie es schon jetzt mit Fahrzeug-Navigationssystemen üblich ist. Für die Abrechnung über Bordgeräte oder Smartphone-Apps könne ein Dienstleistungsmarkt entstehen, um die Kosten im Wettbewerb möglichst gering zu halten. Mit der unter der Großen Koalition 2020 gescheiterten Pkw-Maut habe das neue Modell kaum etwas gemein, betont Christian Hochfeld.
„Damals ging es weder um die Finanzierung von Infrastruktur noch um eine klimapolitische Lenkungswirkung. Der Vorschlag war darauf angelegt, einseitig Fahrerinnen und Fahrer aus dem Ausland zu belasten. Der Ansatz, nur einen Pauschalbetrag zu erheben, hätte die Lasten zusätzlich ungleich verteilt. Es ist gut, dass diese Ideen vom Tisch sind. Damit ist jetzt der Weg frei für bessere Vorschläge", meint Hochfeld.
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