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Agora: Ampel vergibt Chance auf schnellen Klimaschutz im Verkehr

Auch vom Berliner Thinktank kommt harsche Kritik an den Ampelbeschlüssen: Sie nehmen den Druck aus dem Kessel im Verkehrssektor und suggerieren Spielraum in anderen Bereichen. Schädliche Signale sieht man bei E-Fuels und Autobahnen. Und im fehlenden Abbau fossiler Subventionen, für die E-Mobililtät essentiell.

Fatale Signale: Die Wende in den Flotten wird mit den aktuellen Beschlüssen ohne die Streichung fossiler Auto-Subventionen weiter auf sich warten lassen, glaubt Agora. | Foto: Volkswagen
Fatale Signale: Die Wende in den Flotten wird mit den aktuellen Beschlüssen ohne die Streichung fossiler Auto-Subventionen weiter auf sich warten lassen, glaubt Agora. | Foto: Volkswagen
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Johannes Reichel

An dem jüngst verabschiedeten „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“ der Ampel-Koalition hat der Berliner Thinktank Agora Verkehrswende massive Kritik aus verkehrspolitischer Sicht geübt. Wiebke Zimmer, Stellvertretende Direktorin des Thinktanks Agora Verkehrswende prophezeit, die Bundesregierung habe ihre großen Klimaschutzdebatten erst noch vor sich. Mit den Beschlüssen des Koalitionsausschusses für den Verkehrssektor würden die Klimaschutzziele bis 2030 deutlich verfehlt.

"Das Paket schwächt sogar die Sektorziele und nimmt damit Druck aus dem Verkehrssektor. Die anderen Sektoren werden in den kommenden Jahren nicht den Spielraum haben, um die Verfehlungen im Verkehr auszugleichen. Deshalb war, ist und bleibt oberste Priorität: Die Bundesregierung muss ihr versprochenes und nach Klimaschutzgesetz schon seit Monaten fälliges sektorübergreifendes Klimaschutzprogramm vorlegen", forderte Zimmer.

Statt vager Planungsbeschleunigung auf dem Papier brauche es "Höchstgeschwindigkeit bei der Umsetzung des Klimaschutzes im Verkehr". Klimaschutz werde zwar in den Beschlüssen der Koalitionsspitzen an vielen Stellen genannt, aber einige der angekündigten Maßnahmen lenkten von den notwendigen Schwerpunkten ab, vor allem bei zwei Themen: Autobahnen und E-Fuels.

"Hier sendet die Bundesregierung schädliche Signale für den Klimaschutz. Die Beschleunigung des Aus- und Neubaus von Autobahnen ist mit dem Vorrang für die klimafreundlichere Bahn nicht vereinbar. E-Fuels werden zwar im Luft- und Seeverkehr gebraucht, im Straßenverkehr aber werden sie zumindest bis zum Jahr 2030 keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das ist unter Fachleuten Konsens", stellte Zimmer klar.

Indem die Bundesregierung sich darüber hinwegsetze, schüre sie die Erwartung, dass alles so weitergehen könne wie bisher. Mit solch falschen Versprechen werde Deutschland Klarheit und Orientierung in der Klimapolitik verlieren. In Sachen Verkehrswende hätten die Ergebnisse des Treffens vor allem zwei große blinde Flecken: Elektromobilität und öffentlicher Verkehr.

"Die Bundesregierung kündigt lediglich Maßnahmen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur an. Die Frage, wie allein damit der Bestand an vollelektrischen Pkw bis 2030 von heute einer Million auf 15 Millionen Fahrzeuge anwachsen soll, bleibt unbeantwortet", moniert Zimmer.

Nötig wäre eine umfassende Steuerreform mit dem Abbau von Subventionen und Privilegien für Verbrennerfahrzeuge und einer klaren Ausrichtung von Kfz- und Dienstwagenbesteuerung am CO2-Ausstoß. Hinzu kommen aus Sicht der Denkfabrik Reformen von Entfernungspauschale und Energiesteuern und die Vorbereitung einer verursachergerechten Pkw-Maut.

"Der öffentliche Nahverkehr kommt in dem Papier nicht vor – abgesehen von einer vagen und schon mehrfach versprochenen ‚Ausbau- und Qualitätsoffensive‘. Wie die dafür erforderlichen zusätzlichen Finanzmittel mobilisiert werden sollen, bleibt offen. Das, was der Koalitionsausschuss der Ampel als Plus für den Klimaschutz im Verkehr auflistet, ist zum großen Teil längst vereinbart worden – vom Ausbau der Schiene, der Ladeinfrastruktur und der Radinfrastruktur bis zur Reform des Straßenverkehrsrechts", kritisiert Zimmer weiter.

Wenn diese Punkte erneut Thema im Koalitionsausschuss gewesen sein sollten, dann wäre deren Preis vielfach überzeichnet. Aus Zimmers Sicht scheinen klare Beschlüsse aus dem Koalitionsvertrag – wie die umfassende Reform des Straßenverkehrsrechts – in ihrer Substanz wieder infrage gestellt zu werden, je länger sie auf ihre Umsetzung warten. Das sei besorgniserregend. Eine der wenigen positiven Ausnahmen sieht Zimmer in der Konkretisierung des Vorhabens, einen CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne bei der Lkw-Maut ab 2024 einzuführen. Mit den zusätzlichen Einnahmen ließen sich Investitionen in die Schiene tätigen und es gebe einen deutlichen Kostenanreiz, schnell auf E-Lkw umzusteigen.

"Wenn die Bundesregierung das Klimaziel im Verkehr 2030 einhalten will, wird sie dieses Ambitionsniveau zum Standard machen müssen. Nach den aktuellen Beschlüssen zu urteilen, ist sie davon noch weit entfernt", schließ Zimmer.

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