ADFC: Verkehrsminister unterschätzt das Rad - Fahrradmilliarde gefordert

Nur wenige Menschen steigen laut Langfristprognose des FDP-Verkehrsministers bis 2051 vom Auto auf's Rad um. Das kritisiert der ADFC und wirft Wissing ein krasses Unterschätzen der Radpotenziale vor.

Umsteiger: Vom Auto auf's Rad - das schaffen laut FDP-Minister bis 2051 nur wenige. Der Modal Split würde von zehn nur auf 12 Prozent steigen. Viel zu wenig, findet der ADFC. | Foto: ADFC/April Agentur
Umsteiger: Vom Auto auf's Rad - das schaffen laut FDP-Minister bis 2051 nur wenige. Der Modal Split würde von zehn nur auf 12 Prozent steigen. Viel zu wenig, findet der ADFC. | Foto: ADFC/April Agentur
Johannes Reichel

Nach der Vorstellung der Langfristprognose für den Verkehr durch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat der Allgemeine Deutsch Fahrradclub (ADFC) dem Minister krasse Fehleinschätzung der Radpotenziale vorgeworfen. Nach der Prognose würden bis 2051 nur wenige Menschen vom Auto aufs Fahrrad umsteigen. Der ADFC fordert mehr Unterstützung fürs Rad.

„Prognosen wie die des Verkehrsministers reden das Potenzial des Radverkehrs künstlich klein. Sie gehen von einem minimalen Wachstum in den nächsten Jahrzehnten aus. Das Gegenteil ist der Fall, das Potenzial des Radverkehrs ist enorm. Radfahrende in Deutschland schaffen längst Fakten, die das Ministerium nicht anerkennen will", erklärte ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider. 

Laut der Prognose des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) steigt der Anteil des Radverkehrs am sogenannten Modal Split, also an der gesamten Verkehrsleistung, in Deutschland bis zum Jahr 2051 auf lediglich 12,2 Prozent (von 10 Prozent im Vor-Corona-Jahr 2019). Gemessen in Personenkilometern (pkm) entspricht das einem Anstieg von 40 Milliarden auf lediglich 54 Milliarden pkm. Selbst konservative Schätzungen wie die der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) kommen aber zu einem völlig anderen Ergebnis. Die NPM hielt bereits 2019 eine Steigerung der Verkehrsleistung des Radverkehrs auf 75,4 Mrd. pkm bis 2030 für erreichbar. Der Radverkehr kann demnach seine Verkehrsleistung schon bis 2030 fast verdoppeln.

Mehr Radverkehr braucht mehr Investitionen

Dass die Menschen in Deutschland mehr Rad fahren wollten, belegten laut ADFC Umfragen wie etwa der Fahrrad-Monitor 2021. Auch der vom Bundeskabinett vorgelegte Nationale Radverkehrsplan 3.0 (NRVP) erkennt diese Realität an. Demnach soll Deutschland bis 2030 Fahrradland werden. Den Worten müssen endlich Taten folgen, fordert der ADFC. Die Bundesregierung müsse beim Ausbau der Fahrradinfrastruktur in Deutschland in die Offensive gehen. Die Verkehrsminister der Länder hätten dafür einstimmig beschlossen, dass Länder und Kommunen für den Ausbau des Radwegenetzes bis 2030 jährlich eine Fahrradmilliarde vom Bund brauchen. Die müsse der Bund jetzt im Haushalt verankern.

„Der Radverkehr ist ein wichtiger Hebel, um die Verkehrswende vor Ort umzusetzen und die Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen. Mehr Radverkehr kommt aber nicht von alleine! Damit der Umstieg aufs Rad und damit die dringend benötigte Mobilitätswende gelingen kann, braucht es die richtige Infrastruktur. Und dafür brauchen wir die Fahrradmilliarde", appellierte Ann-Kathrin Schneider.

Mehr Geld fürs Fahrradparken an Bahnhöfen

Auch bei der Fahrradinfrastruktur an den Bahnhöfen müsse die Bundesregierung dringend nachbessern, so der Fahrradclub. Laut einer Studie im Auftrag des BMDV fehlen an deutschen Bahnhöfen 1,5 Millionen Stellplätze für Fahrräder. Das Kabinett habe zwar jetzt für die Jahre 2023-2026 zwar mehr Geld für das Fahrradparken an Bahnhöfen zugesagt. Doch die versprochenen 110 Millionen Euro seien nicht mehr als ein positives Signal. Das Geld reiche bei weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Nötig wären mindestens drei Milliarden Euro, wobei die aktuellen Baukostensteigerungen und die Kosten für Flächenerwerb und Unterhalt noch nicht mit eingerechnet sind.

„Auch hier zeigt sich, dass der Verkehrsminister die Dimension des Themas noch nicht erkannt hat. Ein weiteres kleines Förderprogramm für die Kommunen reicht nicht aus. Damit mehr Menschen aufs Rad umsteigen und sich die Fahrgastzahlen der Bahn verdoppeln, brauchen wir vielmehr zusätzlich ein großes Bahnhofsprogramm fürs Fahrradparken an Bahnhöfen, das den Schienen-Etats zugeordnet ist", forderte Schneider.

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