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ADAC-Monitor Mobil in der Stadt: In Dresden am besten - Verkehrswende dringlich

Der Verkehr muss sich verändern: Der Automobilclub plädiert für eine Mobilitätswende mit weniger Pkw und mehr ÖPNV und Rad. Bewohner und Pendler sind mit der Mobilität in Duisburg und Köln am wenigsten zufrieden. 14 von 15 Großstädte werden sogar schlechter bewertet als 2017. Die Unzufriedenheit bei Pkw-Fahrern ist am größten.

In Dresden ist die Zufriedenheit mit der Mobilität am größten. | Foto: ADAC
In Dresden ist die Zufriedenheit mit der Mobilität am größten. | Foto: ADAC
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Johannes Reichel

Unter 15 untersuchten deutschen Großstädten ist die Zufriedenheit der Einwohner, Pendler und Besucher mit der örtlichen Mobilitätssituation in Dresden am größten. Das zeigt der aktuelle ADAC Monitor „Mobil in der Stadt“. Die sächsische Landeshauptstadt überzeugt demnach bei allen Fortbewegungsarten am meisten, gefolgt von Leipzig und München. In Duisburg und Köln sind die Menschen hingegen überwiegend unzufrieden mit ihrer persönlichen Mobilitätssituation. Wenn auch über die meisten Städte und Verkehrsarten hinweg die Zufriedenheit überwiegt, ist sie dennoch gegenüber dem ersten ADAC Monitor im Jahr 2017 spürbar zurückgegangen, vor allem bei Autofahrenden signifikant, konstatiert der Automobilclub. Dessen Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand erklärte, der Verkehr müsse sich dringend ändern, weg vom Pkw, hin zu mehr ÖPNV und Rad sowie Fuß. Dabei lege vor allem der Radverkehr aktuell stark zu, was mehr Kooperation zwischen Pkw und Radfahrenden erforderlich mache.

E-Autos können helfen - aber nicht bei allem

Manche Probleme seien mit dem E-Auto lösbar, der Pkw sei auch in Zukunft fester Bestandteil des Stadtverkehrs, aber nicht mehr in dieser Dominanz. Dafür müssten aber die Menschen ihre Gewohnheiten ändern und sie müssten ein gutes Angebot an ÖPNV und Radwegen vorfinden, mahnt Hillebrand. Die alternativen Verkehrsträger müssten "konkurrenzfähig" werden. Das Ranking zeige auch, dass es eben nicht genüge, nur den ÖPNV als Rückgrat der Verkehrswende auszubauen. Es brauche integrierte und umfassende Ansätze, die auch die Radinfrastruktur verbesserten. Dabei gehe es natürlich auch um eine Neuaufteilung des öffentlichen Raumes, die Verkehrsträger stünden in Flächenkonkurrenz. 

Parkraummanagement tut dringend Not

Hillebrand plädierte prioritär dafür, in Sachen Fahrrad für sichere Kreuzungen zu sorgen, beim Auto das Thema Parken mit Parkraummanagement anzugehen, für ein leistungsfähiges Auto-Vorrangnetz mit Tempo 50 sowie mehr P+R-Anlagen zu sorgen und das Problem mit E-Scootern mittels Reduktion der Zahl und fixen Abstellflächen anzugehen. In den aktuellen und hitzigen Debatten um Verkehrsberuhigungen und die Umgestaltung von Verkehrsraum spiegelten die Unsicherheit der Menschen wieder und werde vor allem von Autofahrenden als Gängelung empfunden, stellt Hillebrand fest. Dagegen könne helfen, wenn man ein "positives Zielbild" liefere, etwa die Aussicht auf die Unterbringung des eigenen Pkw in Quartiersgaragen.

Der Monitor fokussiert die Sicht der Nutzer: Dabei wurde die Zufriedenheit der Autofahrer, ÖPNV-Nutzer, Radfahrer und Fußgänger erhoben und gleich stark gewichtet. Einwohner, Pendler und Besucher wurden befragt. Je Stadt wurden in der repräsentativ angelegten Online-Befragung mindestens 600 Interviews geführt, insgesamt waren es mehr als 9.100. Bis auf Berlin, wo die Zufriedenheitswerte unverändert geblieben sind, und Dresden, wo die Zufriedenheit nur leicht abnahm, ist in allen anderen Städten und bei allen vier Verkehrsarten ein teils deutlicher Rückgang erkennbar.

Autofahren in der Stadt macht schon heute keinen Spaß mehr

Besonders deutlich wird dies bei den Pkw-Fahrern: Bis auf Dresden, wo es einen kleinen Überschuss an Zufriedenen gibt, überwiegt in allen Städten die Unzufriedenheit der Autofahrer. Autofahrer stören sich vor allem an den Parkgebühren in den Innenstädten. Auch die Frage, wie zuverlässig sie in einer geplanten Zeit ans Ziel kommen, wurde von Pkw-Fahrern überwiegend negativ beantwortet.

    Radfahrende beklagen mäßige Sicherheit und Netz

    Wichtigste Themen für Radfahrer sind das Radwegenetz und die Verkehrssicherheit. Hier fallen die Urteile überwiegend kritisch aus, vor allem die Zufriedenheit mit der Radverkehrsführung an Kreuzungen ist nur gering. Am wichtigsten aus Sicht der Fußgänger ist die Frage, ob sie direkt ans Ziel kommen – damit sind die meisten zufrieden. Auch das Angebot an sicheren Querungsmöglichkeiten an Straßen wird von den meisten Fußgängern für gut befunden. Kritisch gesehen wird gleichermaßen sowohl von Autofahrern, Radfahrern wie Fußgängern das Verhalten von E-Scooter-Fahrern. Mit dem ÖPNV sind die Nutzer insgesamt zufrieden.

    Pkw-Bestand wächst weiter, Zufriedenheit sinkt

    In allen Städten mit Ausnahme von Duisburg und Köln überwiegt die Zufriedenheit. Dresden ist auch hier am besten bewertet und vergrößert hier nochmal den Abstand zu den nachfolgenden Städten. Am wichtigsten sind für die Fahrgäste von Tram, Bus und S-/U-Bahnen die Zuverlässigkeit und die Häufigkeit ihrer Verbindungen. Die Zahl der Zufriedenen ist zwar relativ gering, aber immer noch etwas größer als die Zahl der Unzufriedenen. Bei der Häufigkeit und Taktung gab es ein überwiegend zufriedenes Echo. Kritisch werden aber die geringe Zahl an Pkw-Stellplätzen an Bahnhöfen, mangelnde Informationen bei Störungen sowie allgemein das Preis-Leistungs-Verhältnis gesehen. Der ADAC macht mehrere Ursachen für die im Vergleich zu 2017 geringere Zufriedenheit aus.

    „Sicherlich spielt die Zunahme des Pkw-Bestandes in den Großstädten eine große Rolle, aber auch der stärkere Pendlerverkehr und die verschärften Flächenkonkurrenzen. Hinzu kommt, dass die Einschränkungen der Mobilität während der Pandemie dazu geführt haben, dass Straßen meist frei von Stau sowie Busse und Bahnen leer waren. Die Rückkehr zur Normalität wird daher als Verschlechterung empfunden. Nicht zuletzt nimmt angesichts der Vielzahl von Krisen die Zufriedenheit der Menschen mit den Lebensumständen insgesamt ab", stellt ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand fest.

    Psychologischer Effekt: Vor und nach Corona

    Eine Einordnung für die laut der ADAC Umfrage schlechtere Mobilitäts-Stimmung kann das Deut­sche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) liefern. Beim DLR leitet Profes­sorin Meike Jipp den Bereich Ener­gie und Verkehr. Zuvor hat die Psy­chologin zum Mobilitätsverhalten geforscht. "Mich überrascht die Entwicklung nicht", sagt Jipp und bietet zwei Erklärungen an: Der derzeitige Fachkräftemangel treffe den ÖPNV und damit auch die Pas­sagiere und ihre Nerven. Und auf die gesamte Mobilität wirken sich noch Corona-Effekte aus:

    "Wäh­rend der Pandemie waren Straßen und Verkehrsmittel leerer", sagt sie, "nun nehmen viele subjektiv etwas als Verschlechterung wahr, das ei­gentlich die Rückkehr zur früheren Mobilität ist."

    Heiko Nickel, Leiter Strategische Verkehrsplanung in Frankfurt a.M. stellte in der anschließenden Diskussion fest, dass man auch mit unkonventionellen Maßnahmen wie Tempo 20 letztlich für mehr Zufriedenheit aller Verkehrsteilnehmenden sorgen könne. Nach ersten Erkenntnissen habe sich die Kapazität eher erhöht, weil man keine Fahrspuren fürs Rad habe streichen müssen. Radler, E-Scooter- und Autofahrer könnten sich die Fahrspuren teilen - und man entlaste den Verkehr, weil viele Ampeln dadurch unnötig würden. Er beklagte, dass viele Auto noch immer ineffizient genutzt würden, mit einer Person besetzt sind. Hier könne helfen, sogenannte Mitfahrpunkte einzuführen, um den Besetzungsgrad zu erhöhen.

      Was Dresden so erfolgreich macht

      Stephan Kühn, Verkehrsbürgermeister der Stadt Dresden, zeigte sich erfreut, aber nicht erstaunt über den Erfolg. Man setze seit Jahren auf ein bis 2045 angelegtes Mobilitätsprogramm, das vor allem intermodale Mobilität fördere. So könne man problemlos überall vom ÖPNV auf das Radverleihsystem umsteigen. Auch Carsharing stehe an vielen Haltestellen zur Verfügung. Rückgrat bildet aber ein topmoderner ÖPNV: 73 Prozent der Befragten loben die Dichte der Haltestellen, 64 Prozent die kurzen Wege beim Umsteigen und 63 Prozent die Fahrtinformationen an Haltestel­len, in Bussen und Bahnen oder über Apps. Für Durchblick sorgt ein System, das das Fahrpersonal in Echtzeit über die Lichtsignalsteuerung informiert – und ihnen beispielsweise empfiehlt, noch eine Minute länger an der Haltestelle zu bleiben, um optimal im Verkehr zu schwimmen.Unzufrieden sind die Menschen in Sachsens Hauptstadt nur mit dem Parkplatzangebot an ÖPNV-Stationen.

      Alle Akteure in Dresden orientieren sich an Leitzielen, die der Stadtrat 2022 beschlossen hat und bereiten Entscheidungen zu deren konkreter Umsetzung vor – zum Beispiel weniger Autoverkehr und bessere Angebote für den Radverkehr. Direkte Wege für Radler Auch bei der Radfahrer-Zufrieden­heit liegt Dresden in der aktuellen ADAC Umfrage vorn, gleichauf mit München und dicht gefolgt von Leipzig. Am meisten schätzen die Menschen in der Elbmetropole die Zuverläs­sigkeit, mit der sie auf dem Fahrrad ihr Ziel erreichen, und die kurzen, direkten Wege. Nicht zufrieden sind die Dresdnerinnen und Dresdner wie auch Radelnde in anderen Großstädten, wenn es um die Durchgängigkeit des Radwegnetzes und das Verhalten der E-Scooter-Fahrenden geht.

      Eine gute Radinfrastruktur entlastet auch den ÖPNV

      Hinzu kommen viele kleine, aber längst nicht selbstverständliche Maßnahmen, die das Radfahren er­leichtern: Aktuell konzipiert die Stadtverwaltung Umleitungen für Radfahrer bei Großereignissen wie Konzerten. Und seit drei Jahren gibt es einen Winterdienst auf Rad­wegen. Der werde schrittweise aus­gebaut, sagt Fiedler, und helfe in­direkt auch anderen am Verkehr Teilnehmenden: "Busse und Bah­nen wären zu voll, wenn im Winter alle auf den ÖPNV umsteigen."

      Die Dresdner Verkehrsplaner haben auch Menschen im Blick, die ohne Verkehrsmittel unterwegs sind. Seit dem Jahr 2022 gibt es eine Fußverkehrsstrategie. Ihre Ziele: be­stehende Gehwege verbessern und wo nötig verbreitern, Lücken im Gehwegnetz schließen und mehr Möglichkeiten schaffen, Haupt­straßen sicher zu überqueren. Laut dem aktuellen ADAC Monitor sind direk­te Wege, gesicherte Überquerungsmöglichkeiten und die Breite der Gehwege wichtige Faktoren. In allen 15 untersuchten Großstädten sind die Fußgängerin­nen und Fußgänger mit der Infra­struktur relativ zufrieden. Als störend werden oft das Verhalten von E-Scooter- und Radfahrenden und fehlende Sitzmöglichkeiten empfunden.

       

      Der ADAC empfiehlt den Städten, die Erkenntnisse aus der Befragung zu nutzen und besonders kritisierte Merkmale der Mobilität im Sinne der Nutzer anzugehen:

      • Bei der städtischen Mobilitätsplanung sollten sämtliche Verkehrsarten berücksichtigt sowie Verkehr und Stadtentwicklung zusammen gedacht werden.
      • Da Parken ein Schlüsselfaktor der städtischen Mobilität ist, sollten die Kommunen ein effizientes Parkraummanagement betreiben, um die Erreichbarkeit mit dem Auto für Bewohner, Pendler und Besucher sicherzustellen.
      • Die Bündelungsfunktion von Hauptverkehrsstraßen mit einer Regelgeschwindigkeit von Tempo 50 sollte beibehalten werden, um ein Ausweichen des Verkehrs in Wohngebiete zu vermeiden.
      • Angesichts der Zunahme des Radverkehrs sollten Städte für ein durchgängiges Radverkehrsnetz sorgen. Fahrradstraßen und geschützte Radfahrstreifen sollten dabei eine größere Rolle spielen.
      • Als Mobilitätsalternative zum Auto sollten Städte sich um schnelle, direkte und zuverlässige Verbindungen von Bussen und Bahnen bemühen. Zudem gilt es, stärker die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, z.B. in Form von Apps zur Vernetzung der ÖPNV- und Sharing-Angebote oder Echtzeit-Information bei Störungen.
      • Um Behinderungen durch abgestellte E-Scooter auf Gehwegen zu reduzieren, sollten die Städte klare Spielregeln aufstellen. Etwa indem sie die Zahl der E-Scooter begrenzen und in den Innenstädten das Abstellen nur an ausgewiesenen Stationen erlauben.
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