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NAIAS 2019: Detroit stirbt weiter

Gregor Soller

Verpasste Chance: Kurz nach der futuristischen CES in Las Vegas bleib die Detroit Motorshow blasser denn je.

Nachdem sich in Detroit zuletzt ein Silberstreif am Horizont zeigte und das Sterben der Stadt aufgehalten zu sein schien, weht der Metropole in Michigan schon wieder steifer Winterwind entgegen. Denn für die internationale Autobranche spielt die Musik mittlerweile zunehmend auf der CES in Las Vegas, wo Elektrik, Elektronik und Futurismus gezeigt werden.

Für Detroit bleiben großenteils neue Serienmodelle, die allerdings nur für die USA wichtig sind, da sie international praktisch nicht verkauft werden. Darunter der neue Passat auf alter Plattform, die noch frischen Ram 1500-Pickups oder Fords neuer Explorer oder Cadillacs neuer XT6.

Ab 2020 soll die Detroit Motorshow dann im Juni stattfinden, in der Hoffnung, der CES somit aus dem Weg zu gehen und damit auch einige Europäer wieder zurück an den Lake Michigan zu holen. Die haben sich nämlich rar gemacht: Außer VW kam nur Mahle nach Detroit, wo man immerhin seine Stromer-Studie von der CES mitbrachte und so für ein bisschen Futurismus sorgte.

Dafür waren ansonsten nur Nissan samt Edelmarke Infinity und GAC zuständig: Die Chinesen ignorierten die Handelshemmnisse, die wie ein zusätzlicher Schatten über der Messe liegen. Immerhin brachte dieses Trio futuristische, elektrisch und teils autonom fahrende Studien nach Detroit, wo man sonst weiter dem Verbrenner frönt, mit Modellen, die sich großenteils kaum von ihren Vorgängern unterscheiden. Das gilt leider auch für den neuen US-Passat, der noch auf der alten PQ35-Plattform steht und nur noch mit einem 174 PS starken Zweiliter-Turbo samt Sechsgangautomatik geliefert wird. Trotzdem kam Konzern-CEO Herbert Diess nach Detroit, da er dort die Allianz mit Ford bekanntgab, die vor im Nutzfahrzeugsegment starten wird. Auch mahle-CEO Dr. Jörg Stratmann reiste nach Michigan, um dort die Bühne für seinen Konzern zu nutzen.

Wenn viele Hersteller absagen, könnte man Detroit doch immerhin zum Homeland-Spektakel machen, was sicher auch Donald Trump gefallen würde? Nope! Denn der Präsident ist Teil des Problems: Der von ihm vom Zaun gebrochene Handelsstreit bremst mittlerweile auch die US-Wirtschaft dezent ein und den „Großen Drei“, FCA, Ford und GM brechen im Absatz sämtliche Limousinenmodelle weg. Entsprechend streicht man Modelle und damit auch Werke. Der Neuwagenmarkt blieb 2018 mit rund 18 Millionen Einheiten zwar vergleichsweise stabil, aber einmal mehr trugen dazu zahlreiche große Pickups bei, die nirgendwo sonst auf der Welt verkauft werden. Immerhin bietet FCA für den Ram 3500 jetzt einen 6,7-Liter-Turbodiesel an, der für 1350 Newtonmeter Drehmoment und 16 Tonnen Anhängelast gut ist – in Europa sind das Werte mittelschwerer Verteiler-Lkw!

Ford antwortet darauf mit dem über 700 PS starken Mustang Shelby GT, dem stärksten Serienmustang ever. Dazu kam der für EU-Verhältnisse große Explorer – immerhin auch als Hybrid, während der kompaktere und Retro-gestylte Broncho noch auf sich warten lässt.  Ähnlich langweilig geriet Cadillacs neuer XT6, der von fast jeder Marke stammen könnte und gegen die EU-Konkurrenz wie BMW X5 oder den neuen Mercedes-Benz GLE eher blass blieb. Zumal Kia ein paar Stände weiter gleich den neuen Telluride enthüllte, das den größte SUV, das die Koreaner je entwickelten: Unter der Haube des über fünf Meter langen Koreaners sorgt ein 3,8-Liter-V6 mit 291 PS für Vortrieb.

 
VW präsentierte den neuen US-Passat und gab die Allianz mit Ford bekannt. | Foto: NAIAS
VW präsentierte den neuen US-Passat und gab die Allianz mit Ford bekannt. | Foto: NAIAS
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Viel futuristischer war da schon die Studie Infiniti QX Inspiration, die auch einen Ausblick auf künftige Infinity-SUV gibt. Eine ähnliche Botschaft trägt Nissans Studie IMs, die versucht, das Limousinenthema Richtung Sportcoupe zu lenken. Natürlich kann IMs autonom fahren und wird elektrisch angetrieben – und bietet innen ein neues Sitzkonzept.

Eher wie ein Van mutet dagegen die Studie von GAC an. Aktuell geht es den Chinesen noch darum, einfach international präsent zu sein, doch den kostensensitive US-Markt hat man bei GAC, Geely und Co. durchaus auf dem Schirm, vielleicht sogar noch eher als Europa.

Eher blass bleiben dagegen auch die News von Subaru und Toyota: Dort feierten der WRX-Nachfolger und der neue Supra Premiere. Letzterer ist mit dem 340-PS-Reihensechszylinder samt komplettem BMW-Antriebsstrang sozusagen die Coupéversion des Z4.  

Der nicht gezeigt wurde, aber schon auf den Sommer vereist, wie die NAIAS 2020. Trotzdem bleibt abzuwarten, ob der neue Termin neue Ideen nach Detroit bringt – oder ob man sich nicht mittelfristig mit der Autoshow in Chicago zusammentun muss, die bisher immer im Februar stattfindet – und international noch weniger Bedeutung hat als Detroit.

Was bedeutet das?

Detroit 2019 steht mehr denn je für die Zeichen der Weltwirtschaft – und die kühlt sich ab wie das trübe Winterwetter im Nordosten der USA. Konzepte, das zu ändern sucht man derzeit vergeblich.   

 

 

 

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