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Auto China Peking 2018: Ein zwiespältiges Fazit

Funda Kaplan

Noch immer herrscht Aufbruchstimmung in China: An Qualität und Optik haben die Hersteller massiv zugelegt, doch die ganz große Elektrifizierungs- und neue Mobilitätswelle lässt weiter auf sich warten.

Auf fast allen Ständen der Auto China Peking 2018 standen elektrische oder elektrifizierte Modelle. Gern als Einzelstücke und gern in einer Nische: Bei Audi versteckte sich der A6L etron hinter dem A8, bei VW teilte sich der I.D. Vizzion die Bühne mit CC und Lavida, bei BMW stand der iX3 zwischen seinen Verbrenner-Geschwistern und bei Daimler musste es nochmal die Studie EQA von der IAA richten, die Bühne gehörte aber den Verbrennern. Auch bei Jaguar-Land-Rover versteckte man den I-Pace in einer Ecke, während E-Pace und der zweitürige Range Rover im Zentrum standen. Lediglich bei Volvo degradierte die Plug-in-Hybridversion des XC40 die Verbrenner XC60 und XC 90 zu Statisten. Auch Buick und Chevrolet stellten ihre SUV-Elektrostudien ins Zentrum. Auch Porsche stellte den Panamera Turbo S E-Hybrid Sports Tourismo ganz nach vorn und den Mission e Cross auf die Bühne, denn: „Der Zug für E-Mobilität hat die Station hundertprozentig verlassen“, erklärte Vertriebsvorstand Detlev von Platen in Peking. Ähnlich auf den chinesischen Ständen von Changan, GAC, Geely, Haval, Dongfeng und Co: Im Zentrum des Geschehens steht immer ein SUV oder Luxusmodell, aber nicht unbedingt ein elektrifiziertes Auto.

Anders natürlich bei den Newcomern wie Byton, Denza, Hybrid Kinetic oder Nio, wo das Elektrofahrzeug künftig im Zentrum des Schaffens stehen soll. Dazu schmiedet man Bündnisse mit Massenherstellern. Byton gab jetzt bekannt, mit VW-partner FAW zusammenzuarbeiten. Damit hätte man die brennenden Themen Kosten, Qualität und Volumen schlagartig im Griff und kann im Oberklasse-Segment sofort angreifen. Nach letzten Informationen sollen die Autos in Nanjing produziert und von dort ab 2020 nach Europa und die USA exportiert werden. Die Kapazität des Werkes wurde mit 300.000 Fahrzeugen angegeben.

Da muss Tesla noch hin, während Toyota weiter auf Hybrid setzt: Die Amerikaner stehen bezüglich dem Hochfahren ihrer Produktion unter Strom und die Japaner spielen verstärkt ihre (Plug-in-)Hybrid-Karte: entsprechend gehörte die Bühne dem Corolla PHEV und seinem praktisch identischen Bruder Levin PHEV. Und staut man dann vom Messegelände nach Downtown und zurück, sucht man sie vergeblich, die ganze Ladeinfrastruktur.

Was trotzdem offensichtlich war: Die Fortschritte, die die chinesischen Hersteller innerhalb der 24 Monate vollzogen haben, waren auf der Auto China offensichtlich – zu sehen, zu fühlen und zu riechen: Die Zeiten, in denen in jeder Halle unbekannte Hersteller ebenso unbekannte Fahrzeuge zeigten, gehören der Vergangenheit an. Trotzdem gibt es noch immer extrem viele Glücksritter und Hersteller, von denen viele wie BYD, BAIC, SAIC, Chery, Geely oder Great Wall als Joint Venture-Partner internationaler OEMs Erfolg haben. Bei den Markennamen bleiben die chinesischen Autobauer erfinderisch, wie die Namen „Leopaard“ oder  "Weltmeister" zeigen. Auch die Innenraumqualität legte riech- und sichtbar zu, ebenfalls die Connectivity-Angebote. Damit könnte man auch neue Mobiliätsformen fördern, zumal die Chinesen extrem Smartphone-affin sind. Doch ganz so schnell geht es nicht: Denn ein eigenes Auto zeigt, dass man „es nach oben geschafft hat“ – da mietet oder teilt man (erstmal) nicht.

 
BMW nutzte die Messe für die Premiere des iX3. | Foto: F. Kaplan
BMW nutzte die Messe für die Premiere des iX3. | Foto: F. Kaplan
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Zwar sprießen hier und da Autovermietungen und Carsharer wie Pilze aus dem Boden, doch die meisten Modelle stehen auf den Parkplätzen und sind nicht unbedingt unterwegs. Sogar eine BMW-i3-Flotte steht sharebereit – ward im Straßenverkehr aber nicht gesehen. Was dagegen geklappt hat: Die Elektrifizierung er Roller, die in der Hauptstadt praktisch ausschließlich elektrisch vor sich hinsummen. Ebenso das Bikesharing, das mit umgerechnet rund zehn Cent pro Stunde so günstig ist, das fast niemand mehr ein eigenes Fahrrad kauft. Zumal man von den großen Straßen einfach per Zaun ein Stück Radweg geschaffen hat, auf dem dann auch gern mal ein Stück in der falschen Richtung geradelt wird. Ansonsten zerschneiden vierspurige Magistralen die Stadt – auf denen sich trotzdem lange und zähfließende Staus bilden.

Was bedeutet das?

Die angekündigte Elektrifizierungswelle und der große Wurf in Sachen Verkehrskonzept lassen auch in China noch ein bisschen auf sich warten, denn im Zweifelsfall investiert man das Geld derzeit lieber in ein größeres oder luxuriöseres Modell. Ein hochrangiger VW-Ingenieur bringt das Dilemma auf den Punkt: „Nicht immer ist das Machbare das Sinnvolle – das war schon beim Verbrenner so!“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

 

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