Startup Byton mit Markteinführung des M-Byte in Europa: Qualität, Qualität, Qualität!
Byton nähert sich der Zielgeraden – allerdings in dezenter Geschwindigkeit, denn die Qualitätsansprüche des Unternehmens sind sehr hoch, wie im Interview mit Andreas Schaaf, CCO von Byton, immer wieder durchkommt. Gebetsmühlenartig, aber auf lockere Art wiederholt Schaaf sein Qualitätsversprechen. Und dabei bezieht Byton durchaus die Erfahrungen von Tesla oder Nio mit ein, den zwei größeren Start-ups, die bereits auf dem Markt sind. Das Ganze kombiniert Schaaf dann gern mit solidem „BMW-Know-how“ – aus der „alten Welt“ sozusagen. Denn Byton soll Premiummarke werden und darf sich hier keinen Patzer erlauben. Dabei hilft dem Unternehmen der vergleichsweise hohe Mitarbeiteranteil von BMW, wie Schaaf gern wiederholt erklärt. Denn es handelt sich durchaus um eine „eingeschworene Gemeinschaft“, die ziemlich genau weiß, was sie tut, und die auch bei Zulieferern und der Software auf „Freunde und Bekannte“ zurückgreifen kann – man kennt sich eben und das dürfte einer der Hauptvorteile des Unternehmens sein.
Denn Europa wird wichtiger: „Der Byton M-Byte hat in Europa enormes Interesse geweckt. Von 65.000 Reservierungen weltweit kommen allein 25.000 aus Europa“, erklärt Dr. Daniel Kirchert, CEO von Byton. „Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass unsere europäischen Kunden hohe Standards in Bezug auf Technologie, Qualität, Sicherheit und Service haben.“
Zum abgesagten Genfer Salon stellt Byton jetzt seine konkreten Europa-Pläne vor, die so aussehen: Der M-Byte soll Ende 2021 in die ersten europäischen Märkte kommen, wobei in der Schweiz, Deutschland, Norwegen, Frankreich, den Niederlanden und Schweden gestartet wird. Die Schweiz ist hier wichtig, denn sie steht für höchste Qualitätsansprüche. Vorbestellt werden kann für 500 Euro Anzahlung in der zweiten Hälfte 2020. Die Anzahlung ist rückerstattungsfähig. Der M-Byte wird ab 45.000 Euro netto kosten.
Das Einstiegsmodell mit 72-kWh-Akku und Heckantrieb bietet 200 kW (272 PS) und bis zu 360 Kilometer Reichweite nach WLTP. Die optionale 95-kWh-Batterie erhöht die Reichweite auf bis zu 460 Kilometer nach WLTP. Die Allradkonfiguration mit 300 kW (408 PS) – ausgestattet mit einer 95-kWh-Batterie – soll nach WLTP 435 Kilometer weit kommen. Von all diesen Angaben sollte man immer 50 bis 60 Kilometer abziehen, um echte reelle Werte zu haben, die auch Autobahnen, Steigungen und Kälte mit einberechnen.
Zum Thema „Qualität“ gehört die Ladetechnik: Hier unterzeichnete das Unternehmen eine strategische Partnerschaft mit Digital Charging Solutions (DCS) aus München, einem führenden europäischen Anbieter von e-Mobilitätsdiensten (eMSP). Auch hier trifft man wieder Ex-BMW-Mitarbeiter – man kennt sich und das macht vieles einfacher. Der Vorteil von DCS: Die Firma bietet Zugang zu den großen Ladenetzwerken in über 28 europäischen Ländern über Roaming, mit 150.000 Ladepunkten für AC- und DC-Schnellladung, inklusive Schnellladen und Zugang zu den Ladestationen von über 450 großen Ladetechnikanbietern wie Ionity, FastNed, EnBW, Allego, Innogy, NewMotion, Izivia, Swisscharge und lokalen Versorgungsunternehmen. Im Auto wird natürlich der riesige 48-Zoll-Screen, Byton Stage genannt, eingebunden: So kann der Fahrer die Ladestation orten, sehen, ob sie frei ist und was die Kilowattstunde kostet, bevor er bargeldlos bezahlt. Im Idealfall über die Byton-ID oder RFID-Karte, mit einem Vertrag und einer Rechnung.
Dazu kommt das (mittlerweile übliche) Portfolio an physischen und digitalen Ladelösungen für das Aufladen im privaten, gewerblichen und öffentlichen Bereich: das 22-kW-Mobilladegerät, das zum Aufladen unterwegs im Kofferraum liegt, und die mit 22 kW angeschlossene Wallbox, die über einen qualifizierten Installationspartner montiert werden kann. Für gewerbliche Kunden wird ein AC-Ladegerät sowie ein 150-kW-DC-Schnellladegerät angeboten. Mit 150 kW Ladeleistung soll der 95-kWh-Akku binnen 35 Minuten auf bis zu 80 Prozent Ladezustand aufgefüllt sein. Mit 22 kW sind laut Byton rund viereinhalb Stunden bis 100 Prozent zu veranschlagen. Alle Ladegeräte werden über eine drahtlose Verbindung (Bluetooth, Wifi und 4G) mit einem Cloud-basierten Server verbunden sein, der eine Schnittstelle zur Byton-App und Stage-Anzeige bietet und digitale Funktionen wie Fernstart-Stopp, Zähler- und Rechnungserstellung sowie dynamische Statusinformationen wie Verfügbarkeit, Preis und Leistung ermöglichen soll. Auch hier will das junge Unternehmen höchste Qualität bieten – denn die Beispiele an Start-ups, die noch auf der Zielgeraden ins Straucheln kamen, sind Byton Warnung und Vorbild zugleich. Weshalb man nicht zu den Ersten, sondern lieber zu den Besten gehören möchte.
Interview: Dr. Andreas Schaaf Chief Customer Officer (CCO) bei Byton
Byton hat in Europa derzeit rund 25.000 Vorbestellungen – wie verteilen sich diese?
Schaaf:Natürlich sind hier vor allem Norwegen und Deutschland die Treiber, welche auch die Stückzahlen bringen werden, wobei Deutschland Norwegen bei den Zulassungen von E-Autos mittlerweile überholt hat. Deswegen bringen wir den M-Byte auch zuerst in diese Märkte, zu denen außerdem Schweden, die Niederlande und Frankreich gehören. Dabei spielt auch die Schweiz eine wichtige Rolle.
Interessant – und weshalb?
Die Schweiz legt höchsten Wert auf Produktqualität. Und wenn wir hier unsere Marke als Premiummarke lancieren, ist das ein starkes Markenstatement. Deshalb eröffnen wir im zweiten Quartal 2021 auch den ersten Byton-Place Europas in Zürich, in einem nagelneuen Areal, das The Circle heißt und in den Flughafen Zürich integriert ist.
Ein eher ungewöhnlicher Ort…
Aber absolut perfekt für unsere Ansprüche, denn er liegt direkt an einem internationalen Luftdrehkreuz, wo uns auch viele Asiaten wahrnehmen, ist eingebettet in eine Top-Umgebung von Flagship-Stores, Mode und Retail, es gibt gute Hotels und man kann von hier aus tolle Probefahrten in eine landschaftlich reizvolle Umgebung starten.
Man merkt schon, dass Ihnen Premium und Qualität wichtig sind. Wie wollen Sie das in Ihrem Vertrieb umsetzen, der ja ein variabler Mix aus On- und Offline sein soll?
Hier muss man differenzieren. Also: Unsere Kunden können den gesamten Prozess bis zum Kaufabschluss online erleben, das gilt aber voraussichtlich nicht für alle Märkte. In einigen Fällen wird man zumindest einen physischen Vertrag in einem Byton-Place unterzeichnen müssen. Hier müssen die länderspezifischen Gesetze beachtet werden. Wir wissen außerdem, dass nach wie vor viele Kunden persönlichen Kontakt wünschen, weshalb wir online auch immer einen physischen Partner nennen werden. Außerdem planen wir, in Europa künftig auch in jeder größeren Stadt in sehr attraktiven Locations vertreten zu sein. Da wir beides anbieten, kann man die Vertriebsmodelle je nach Nachfrage shiften.
Byton wird in Deutschland vor allem Firmenwagen und in Flotten verkaufen und da ist der Service noch wichtiger als der Vertrieb.
Gutes Stichwort, auch da wollen wir uns positiv abheben – auch aufgrund der Erfahrungen anderer Pioniere auf diesem Feld, die sich nicht unbedingt durch guten Service ausgezeichnet haben. Wir legen besonderen Wert auf guten Service und haben entschieden, hier mit existierenden Retail-Partnern zusammenzuarbeiten, die bereits Premiummarken vertreiben und eine bekannte Größe im Markt darstellen. Das ist ein sehr traditioneller Ansatz, aber unserer Meinung nach unabdingbar. Das beinhaltet auch, dass wir zusätzlich Flying-Services, wie fahrende Servicedienste oder Hol- und Bringdienste für den M-Byte anbieten. Doch das Service-Rückgrat bilden etablierte Partner mit existierenden Werkstätten und geschultem Personal.
Gibt es hier schon konkrete Prognosen, wie sich On- und Offline-Business entwickeln werden?
Wichtig ist hier immer eine Preisparität zwischen den einzelnen Playern, um den Kunden das Vertrauen zu geben, dass sie, egal über welchen Kanal, immer die gleichen fairen Preise zahlen. Neben den typischen Kauf-, Finanzierungs- und Leasingangeboten werden wir übrigens auch Abo- und Subscription-Modelle anbieten. Wichtig für uns ist, dass wir auf jeden Fall alle Elemente abdecken können. Doch der Treiber in Bezug auf Kundenzufriedenheit in unserem Hybridmodell zwischen on- und offline ist immer der Service!
Können Sie schon etwas zu den geplanten Stückzahlen sagen?
Wenn wir 2021 in Europa starten, wollen wir eingeschwungene Produktionsprozesse haben. Aktuell konzentrieren wir uns auf den Hochlauf der Vorserie in China. Wenn ich ein neues Produkt in einem neuen Werk starte, weiß jeder, was das heißt… Dementsprechend arbeiten wir jetzt an allen Feinheiten, die mit Qualität zu tun haben, denn die muss Premium sein! Und hier hinterfragen wir sehr genau, was wir uns zu welchem Zeitpunkt zutrauen, weshalb wir keinen Druck auf die Volumenseite setzen. Wenn wir anfangs nur 1000 oder 2000 Autos in Europa absetzen, habe ich da keinen Schmerz mit, Hauptsache die Qualität stimmt!
Und dazu gehören sicher auch die Services für öffentliches Laden?
Exakt. Weil wir auch hier ein echtes Premiumerlebnis anbieten wollen, sind wir die Kooperation mit Digital Charging Solutions (DCS) eingegangen, die mit ihrem Service rund 80 Prozent der verfügbaren Ladenetze in Europa abdecken. Für uns war es keine Option, mit einzelnen Anbietern einzelne Verträge abzuschließen. Wir wollen das Ladeerlebnis für die Kunden so einfach wie möglich machen und können das wunderbar in unsere Software in der Byton-App und im Auto einbinden, was wiederum auch DCS an Byton gereizt hat. Hier können wir beide noch viel weiterentwickeln und so wird auch für beide Partner ein Schuh draus.
Könnte das Laden eines Tages vollautomatisch über eine reine Fahrzeugerkennung laufen?
Was die Kommunikation zwischen Auto und Ladepunkt angeht, selbstverständlich. Und die Kunden müssen nicht mit verschiedenen Ladekarten hantieren, alles läuft vollintegriert über ihr Profil, das mit der Byton-ID gekoppelt ist. Sie bekommen am Ende einfach eine Monatsrechnung von uns. Wichtig ist hier auch eine Vereinfachung des gesamten Vorgangs.
Aber besteht dann nicht die Gefahr, teuer zu laden?
Nein, denn es wird neben der voraussichtlichen optimalen Ladezeit auch der jeweilige Preis, zu dem geladen werden kann, im Voraus in der Navigationsdarstellung angezeigt. Der Kunde bekommt mehrere Vorschläge entlang seiner Route und kann dann beispielsweise nach Ladezeit oder Preis frei entscheiden. Dazu kommen auch Services, die freie Ladepunkte anzeigen. Aber auch dieses Thema müssen wir Schritt für Schritt entwickeln. Und ob eines Tages dann ein Byton-Tarif existiert, hinter dem eine Mischkalkulation steckt, die besonders attraktive Konditionen für unsere Kunden ermöglicht, auch daran arbeiten wir bereits. Wichtig ist auch hier wieder ein funktionierendes Premiumerlebnis.
Dass Ihnen der Coronavirus sicher ganz schön Ihre Planung verhagelt hat – diese Frage kommt wahrscheinlich auch ständig?
Hier sitzen wir leider tatsächlich im selben Boot wie alle Unternehmen, die in China aktiv sind. Welche Folgen das Ganze langfristig haben wird, können wir jetzt noch nicht absehen. Glücklicherweise ist kein Byton-Mitarbeiter betroffen. Wir fahren seit Mitte Februar unsere Vorproduktion wieder hoch und konzentrieren uns jetzt vor allem auf die Optimierung der Prozesse und – natürlich der Qualität (lächelt).
Auf den Punkt
Es ist … ein Start-up mit sehr klaren Zielen.
Schön, dass … das Thema Qualität so hoch aufgehängt wird.
Schade, dass … man dafür noch etwas Geduld braucht und die Reichweiten des M-Byte nicht ganz so überragend sind.
Was haben Flotten davon? Eine interessante Alternative zu Tesla und dem Premium-Establishment.
So plant Byton den Vertrieb
Wie VW will Byton ein Premium-Hybrid-Vertriebsmodell (Online-to-Offline) anbieten, das ein nahtloses Kundenerlebnis, ergänzende Vertriebskanäle und Preistransparenz offeriert. Je nach Vorliebe können Kunden zwischen den Kanälen wechseln. Dahinter stehen aber immer ganz klassische Vertriebspartner, die Byton allerdings mit integrierten Serviceangeboten in der Byton App kombiniert. So hat der Kunde Vorteile wie Fahrzeugabholung und -lieferung und kann auf mobile Serviceeinheiten für kleinere Reparaturen zurückgreifen.
Stolz ist CCO Schaaf jedoch auf die bereits gefundenen Servicepartner: Für Norwegen wurde Hedin Automotive ausgewählt, ein 1985 gegründetes Familienunternehmen mit rund 125 Standorten in Schweden, Norwegen und Belgien, in denen fast 32 Automarken vertreten sind. Dass Hedin rund 80 Prozent aller BMW in Norwegen verkauft und im Service hat, wie Schaaf verrät, ist dabei eine interessante Fußnote. In Frankreich wird BYmyCAR Bytons Partner. Mit fast 80.000 verkauften Fahrzeugen pro Jahr, die über 83 Standorte vertrieben werden, ist BYmyCAR einer der führenden Automobilvertriebsgruppen in Frankreich. In den Niederlanden wird die Louwman Group, einer der größten Automobilhändler in Europa, den Vertrieb übernehmen. Auch Louwman ist in Familienbesitz und betreibt neben Einzelhandel, Leasing und Finanzen auch Ersatzteilversorgung und Logistik. In der Schweiz wird Modern Driving Bytons Partner. Mit 40 Service-Verkaufsstellen, sieben Test-Drive-Centern und zwei mobilen Pop-Up-Stores eröffnet Modern Driving auch den ersten Byton-Place. Der wird in „The Circle“, einem Mehrzweckkomplex innerhalb des Flughafens Zürichs eröffnet und für Testfahrten, Premierenveranstaltungen und verschiedene digitale Erlebnisse zur Verfügung stehen. Für Deutschland sucht das Start-up noch Partner. Bis Ende 2021 plant es gemeinsam mit Partnern rund 20 Byton-Places in europäischen Großstädten, die auch Testmöglichkeiten bieten sollen.
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