Renault Transportersparte bringt Kombination aus Elektro- & Wasserstoffmobilität in Serie- 48.300 Euro für City Van: Mit H2 weiter stromern
Dass die Elektromobilität teuer ist, zumindest bei der Anschaffung, das ist bekannt. Auch dass Wasserstoffmobilität noch teurer ist, weiß man. Wenn man jetzt beides kombiniert, kommt im Zweifel also eine sehr, sehr teure Technologie dabei heraus: 15.000 Euro Mehrpreis zum reinen Stromer, 48.300 Euro für einen City Van mit knapp vier Kubikmeter Volumen, da muss man erst mal tief durchatmen als kühl kalkulierender Transporteur.
Genau diese Kombination will die Transportersparte von Renault jetzt aber in die Serie bringen: Man koppelt den vorhandenen Elektroantrieb der Z.E.-Modelle mit einer allerdings kleinen, 2x5 kW starken Brennstoffzelle, die als Range Extender und nicht als direkter Antrieb fungiert. Trotzdem: Warum so viel Aufwand? Weil man bei Renault an das Konzept und Prinzip glaubt und damit zwei wesentliche Verkaufshemmer für die rein batterieelektrischen Fahrzeuge beseitigt: die lange Ladezeit und die geringe Reichweite, die im Winter oder Hochsommer mit Heiz- oder Klimabetrieb noch mal schrumpft.
Viel Reichweite trotz Heizung
Dank der komplett in einer kastenförmigen Einheit samt Wasserstofftank verbauten 10-kW-Brennstoffzelle wird der Radius des Kangoo Z.E. von ordentlichen 230 auf 370 Kilometer geboostet, entsprechend zusätzlichen 29,7 kWh an Energie, genug für Mittelstrecke. Oder für Anwendungen, wie man sie erstmals vor zwei Jahren auf der Solutrans in Lyon mit Lamberet vorführte: ein emissionsfreies Kühlfahrzeug mit Elektro-Fuel-Cell-Kombi. Hier ist genug Leistung vorhanden, um die Kühlanlage zu betreiben respektive die Heizung: Auch die thermische Leistung beträgt fünf kW, die Wärme wird aus der Brennstoffzelle abgenommen. Sie entsteht ohnehin bei der Umwandlung von Wasserstoff zu elektrischer Energie, wie ein Ingenieur uns bei der ersten Probefahrt erklärte, die wir im Rahmen des „International Van of the Year“ unternahmen.
Die Fuel Cell arbeitet völlig geräuschfrei im Hintergrund und ab 80 Prozent Batterieladestand parallel mit und kann im Notfall, etwa um eine Ladesäule zu erreichen, mit niedrigem Tempo selbst komplett den Vortrieb übernehmen. Ist die Batterie leer, lässt sich diese komplett von der Fuel Cell aufladen – als mobile Ladestation sozusagen. Eine spannende Rechnung: Derzeit kostet ein Kilogramm Wasserstoff 9,50 Euro, die Kilowattstunde Strom an der Ladesäule mindestens 30 Cent. Womit der Nutzer in etwa „pari“ landet bei der finalen Frage: Lasse ich die Batterie von der Fuel Cell aufladen oder von der Säule?
Der Antrieb selbst arbeitet diskret, sendet ab und zu mal ein Signal aus dem kleinen seitlich abgeleiteten Auspuffröhrchen: Ein paar Wolken Wasserdampf, das ist alles, was im Elektrolyseprozess übrig bleibt. Ansonsten beträgt sich der Kangoo Z.E. Hydrogen genauso wie sein batterieelektrischer Plattformspender: zügiger Antritt, ausreichend nachdrückliche Beschleunigung, flüsterleiser Lauf, unkomplizierte Handhabung. Lediglich ein Zusatzdisplay auf den Armaturen vom Renault-H2-Partner und Fuel-Cell-Lieferant Symbio (eine Michelin-Tochter) weist auf das Hightech-Paket hin.
Ach so, und die formal 100 Liter große Kiste an der Trennwand. Der 74 Liter große Komposittank fasst 1,8 Kilogramm Wasserstoff, die mit 350 Kilometern schnell gebunkert sind. Das Mehrgewicht des Systems beträgt etwa 120 Kilogramm, dem leer 1,7 Tonnen schweren 2,2-Tonner bleiben 540 Kilogramm Nutzlast. Anschließend an den Tankvorgang würde eine komplette Batterieladung nur zehn Minuten dauern, in fünf Minuten sind die Betriebsbatterien mit Energie für 150 Kilometer versorgt.
Der E-Master für Mittelstrecken
Beim Master Z.E. Hydrogen, der dem für Ende 2019 angekündigten Kangoo Z.E. Hydrogen dann tatsächlich Mitte 2020 folgen soll, wächst der Radius dank zweier mittig unterm Laderaumboden angebrachten Hydrogentanks (106 Liter) mit 2,1 Kilogramm bei 700 bar auf 350 Kilometer. Das entspricht zusätzlichen 56 kWh zu den 33-kWh-Speichern, die eher knapp bemessene 120 Kilometer (WLTP) ermöglichen, allerdings auch real in unserem ersten Test. Beim Master gleicht der Hersteller den Nutzlastverlust mittels Erhöhung des Gesamtgewichts von 3,1 auf 3,5 Tonnen aus, womit 1,2 Tonnen bleiben. Außerdem soll es den Master neben dem Kastenwagen auch als Fahrgestell jeweils in zwei Längen geben, was Ladevolumina von 10,8 bis 20 Kubikmeter (Kofferaufbau) ermöglicht.
Trotz der rasanten Entwicklung bei der Batterietechnologie: Mit dem H2-Herz qualifiziert sich der 200 Kilogramm schwerere Master Z.E. Hydrogen natürlich auch für weitere Aufgaben – oder muss eben eine City-Arbeitswoche lang nicht getankt oder geladen werden, ein klarer Handlingvorteil, weil man als Gewerbetreibender nicht auf Ladeinfrastruktur angewiesen ist. Auf eine H2-Zapfstelle allerdings schon: Hier wächst derzeit in Deutschland das Netz – gerade in den Ballungsräumen – auf akzeptables Niveau, bis Ende 2019 soll es knapp 100 Anlagen geben.
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Letzteres ist dem Hersteller wichtig zu betonen. Denn um wirklich eine „nachhaltige“ Antriebslösung zu sein, darf der Wasserstoff natürlich nicht wie heute meist aus Erdgas produziert werden. „Die Kapazität für entkarbonisierten Wasserstoff wächst, die Industrialisierung der Elektrolyse schreitet voran“, wirbt Denis le Vot, Leiter der Renault-Nissan-LCV-Sparte, für das Konzept und verweist auf Skaleneffekte, die die Kosten senken könnten. Der Z.E. H2 sei eine strategische Entscheidung und man wolle den Kunden alle Optionen bieten, so le Vot.
Großprojekt in Frankreich
Ob es sich trotz des hohen Preises rechnet, kommt darauf an, etwa auf die Förderung. Der Zufall will es, dass etwa der französische Staat Hydrogen-Projekte mit bis zu 16.000 Euro pro Fahrzeug fördert, in den Departements Normandie, Île-de-France und Rhônes-Alpes gibt es lokale Förderung im Rahmen von Pilotprojekten. In letzterer Region läuft ein spektakulärer Großversuch „Zero Emission Valley“ (ZEV) mit 15 Elektrolyseuren, 20 H2-Tankstellen und 1.000 Fahrzeugen an.
Und natürlich sollen die Fahrzeuge die Servicekostenvorteile eines E-Antriebs mitnehmen. Allerdings muss die Fuel Cell extra alle zwei Jahre von zertifizierten Symbio-Werkstätten geprüft werden, etwa der H2-Kreislauf im Fahrzeug, die Funktion der Brennstoffzelle oder der Ersatz des Entionisierungsfilters und der Flüssigkeit. An 200 Fahrzeugen, noch mit dem alten 22-kWh-Akku, haben die Ingenieure das System im realen Gewerbeeinsatz getestet. Dennoch: Da ist ein reiner E-Antrieb doch noch anspruchsloser. Und er wird mit jeder Batteriegeneration besser.
MB Vans: Frischdienst mit Polarfuchs, Kühlung per Solar
Vorreiter unterm Stern: eVito und eSprinter. Vorreiter unterm Stern: Kooperation mit Carlsen Baltic: Dieselantrieb, Solarkühlung.Schlau ist dieser Fuchs wahrlich, schlau kombiniert: Mercedes-Benz Vans hat bei der „Clever Bodybuilder Solutions 2019“ im Werk in Ludwigsfelde mit dem „Polarfuchs“ einen emissionsfreien Stadtlieferwagen im boomenden Segment des „eGrocery“ vorgestellt, der gemeinsam mit dem Aufbauhersteller Kerstner entwickelt wurde.
Basis bildet der eVito mit elektrischem Antrieb, der zusammen mit der elektrisch betriebenen Kühlanlage die lokal emissionsfreie Belieferung mit Lebensmitteln ermöglicht. Neu dabei ist, dass die Kühlanlage an das Fahrzeugbordnetz angeschlossen ist, wodurch sich der Bedarf an Zusatzbatterien minimieren lässt. Im September stellte der „Polarfuchs“ in einem vierwöchigen Pilotprojekt mit dem Kochbox-Anbieter „HelloFresh“ in Belgien seine Alltagstauglichkeit unter Beweis. Das Fahrzeug konnte laut Hersteller die Temperaturen im Laderaum (Frischedienst) trotz bis zu 50 Belieferungen pro Tour zuverlässig halten. Das Konzept für die lokal emissionsfreie Lieferung von temperatursensiblen Produkten soll künftig auch auf andere Branchen und Baureihen erweitert werden.
Für Umland-Touren wiederum wird der Diesel einstweilen unverzichtbar bleiben. Wie man das trotzdem nachhaltiger gestaltet, zeigt das Kooperationsprojekt mit Spezialist Carlsen Baltic: Zwar treibt das Sprinter-Kühlkofferfahrzeug ein Selbstzünder an, aber die Leistung der rein elektrischen Carrier-Kühlmaschine wird zu 50 Prozent von den Solarpaneelen auf dem Dach erbracht.
Der Markt für Lebensmittelbelieferung verfügt aus Sicht von MB Vans über großes Potenzial, obwohl in Deutschland laut Schätzungen nur rund 1,5 Prozent aller Lebensmittel online bestellt würden. Laut einer McKinsey-Studie haben 82 Prozent der Befragten aus städtischen Gebieten in Deutschland davon gehört und rund 30 Prozent haben ihre Lebensmittel bereits online bestellt – zehn Prozent davon regelmäßig. In Deutschland und in den USA wird von 2018 bis 2023 ein jährliches Wachstum von etwa 20 Prozent beim eGrocery erwartet. Im bereits reiferen britischen Markt beträgt das Wachstum pro Jahr immerhin 8,7 Prozent. Der Trend dabei: Die Big Player der Branche outsourcen den Transport vom Lager zum Kunden nicht mehr, sondern betreiben ihre eigene Flotte – um sich vom Wettbewerb zu differenzieren und höheren Kundenservice wie verschiedene Lieferzeitfenster anbieten zu können. Mit eigenen Fahrern und „grüner“ Flotte soll der Qualitätsstandard gehoben werden. ts/jr
PSA/Toyota: Jumpy & Co kommen in zwei Akkugrößen
Im Verein ist Strom am schönsten: Der elektrische Kompaktvan kommt von PSA, Opel und bei Toyota als Proace Electric.Die elektrische Version des Jumpy und seiner Geschwister von Peugeot, Opel und Toyota sollen im nächsten Jahr in zwei Batterievarianten starten, die 200 und 300 Kilometer Reichweite bieten. Auch der Jumper Electric kommt 2020, im Jahr darauf der neue Berlingo Electric.
Der Nutzfahrzeughersteller Citroën prescht in Sachen Elektrifizierung im PSA-Opel-Verbund sowie mit dem externen Kooperationspartner Toyota voran. Bis zum Jahr 2025 soll die gesamte Modellpalette aus Pkw und auch leichten Nutzfahrzeugen in einer elektrifizierten Version verfügbar sein. Den Anfang macht bei den Vans im nächsten Jahr ein rein elektrischer Citroën Jumpy, 2021 folgt die Neuauflage des rein elektrischen Citroën Berlingo Kastenwagen, den es schon vom Vorgängermodell gab und der zurzeit nur noch in Restbeständen verkauft wird. Ebenfalls bereits 2020 soll der große Jumper als Vollelektroversion an den Start gehen, parallel zum Peugeot Boxer.
Die elektrische Version des Citroën Jumpy nutzt die sogenannte Multi-Energy-Plattform EMP2 der Groupe PSA und wird in zwei Reichweiten angeboten. Er verfügt damit über 200 Kilometer im WLTP-Zyklus auf Basis einer Batteriekapazität von 50 kWh sowie 300 Kilometer im WLTP-Zyklus auf Grundlage einer Batteriekapazität von 75 kWh. Kombiniert wird ein einstufiges Getriebe. Die Nutzlast soll auf dem gleichen Niveau wie bei den Verbrennermodellen liegen, die Betriebskosten sollen dafür deutlich niedriger sein. jr
Kommentar: Meist genügt ein reiner Stromer
Ein City Van für 48.000 Euro, meinen die das ernst? Durchaus, denn die Renault-Ingenieure haben sich als E-Pioniere intensiv mit den Nachteilen der Batterie-Vans befasst. Doch mit der Beseitigung der „Bremsfaktoren“ Reichweite und Ladedauer handelt man sich Nachteile ein: beim Kangoo Nutzlast und Volumen, Preis siehe oben. Immer wieder verweisen die Verantwortlichen bei E-Fahrzeugpräsentationen darauf, dass die meisten auch gewerblichen Anwender kaum über 80 Kilometer täglich zurücklegen, etwa in der City-Belieferung. Dafür tut es ein reiner BEV mit 120 (Master) oder 230 (Kangoo) Kilometer Reichweite. Ob es sich in Anbetracht der rasanten Entwicklung bei den Batterien um eine „Brückentechnologie“ handelt oder die Kombi BEV + FC langfristig eine Basis hat, wird der Markt zeigen. Eine Bereicherung der Technologiedebatte ist das Konzept allemal. jr
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