Gemeinnützige Verein EEBus fördert Vernetzung: Wenn Strom spricht
EEBus ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Mitglieder überwiegend führende Hersteller aus den Bereichen vernetzte Elektromobilität, Heiztechnik, PV- und Batteriesysteme sowie Energieerzeugung sind. Das branchenübergreifende Netzwerk spielt dabei die zentrale Rolle. Durch diesen Austausch wird ein gemeinsames allgemeingültiges Verständnis entwickelt, welches die Grundlage für neue Anwendungsszenarien und Geschäftsmodelle schafft. Der EEBus-Verein veranstaltet neben den technischen Arbeitsmeetings auch Produktmanagement-Meetings, welche die Vermarktung von EEBus vorantreiben sollen. EEBus entwickelt eine nahtlose Kommunikation von der Netz- bis zur Geräteebene und damit eine „standardbasierte Sprache“ für Energie, um ein effizientes und nachhaltiges Energiesystem zu ermöglichen.
Mit zunehmender Elektrifizierung von Fahrzeugen und bei der Gebäudetechnik können Energieengpässe wahrscheinlicher werden: Tests zeigen, dass Liegenschaften mittels eines standardisierten Informationsaustausches mit dem Netz entlastend interagieren können. Elektroautos können hier als flexible Energiespeicher und -verbraucher Last- und Erzeugungsspitzen durch Anpassung der Ladeleistung mindern. Die ganzheitliche Lösung sieht eine bi-direktionale Kommunikation von der Netzebene über Smart Meter Gateways (SMGW) am Netzanschluss zu den Energiemanagementsystemen (EMS) samt angeschlossener Geräte vor. So können Geräte energieoptimiert und quasi ohne Komfortverlust bei Energieengpässen betrieben werden.
Zwischen dem Smart Meter Gateway, dem Energiemanagementsystem und den Geräten wie zum Beispiel der Ladestation oder Wärmepumpe kommt dann eine standardisierte EEBus-Kommunikation zum Einsatz. Das Energiemanagementsystem kennt die flexiblen Verbraucher und managt diese dann im Rahmen von Netzvorgaben. Alternativ kann das Energiemanagementsystem auch Marktanreize wie Preistabellen für einen möglichst günstigen Betrieb nutzen.
Die Energie muss eine globale Sprache „sprechen“
Bei Tests in Europa und den USA wurde die Kommunikation zwischen Netz und E-Auto bereits erfolgreich ausprobiert: Serienfahrzeuge und Prototypen führender Hersteller wurden mit Leistungsvorgaben über openADR und IEC 61850 in der Ladeleistung angepasst. Für EEBus bedeutet das einen weiteren Schritt hin zur global eingesetzten Sprache für Energie. Auch das Smart Meter Gateway eines führenden deutschen Herstellers, der Theben AG, wurde in die Kommunikationskette eingebunden: Theben hat ein Kommunikationsmodul entwickelt, das Vorgaben aus dem Netz auf den EEBus-Standard umsetzt sowie Verbrauchsprognosen und Flexibilitäten via Smart Meter Gateway gesammelt ans Netz melden kann. Ruwen Konzelmann, Leiter der Business Unit Smart Energy bei der Theben AG, erklärt dazu: „Wir verfolgen damit die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik veröffentlichte, sektorenübergreifende Standardisierungsstrategie nach dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW).“
Flächendeckende Pilotprojekte zeigen Praxistauglichkeit im Netz
Doch wichtig ist immer die Praxis und die lässt sich gut an, wie man am Beispiel der Stadtwerke München erkennen kann. Denn die deutschen SINTEG-Projekte (steht für „Schaufenster intelligente Energie“) zeigen die Praxistauglichkeit. Dazu erklärt Andreas Weigand, C/sells-Projektleiter bei den Stadtwerken München: „Wir als Metropolnetzbetreiber sind auf solche Instrumentarien angewiesen. Wir werden zum Ausbau der Elektromobilität nicht alle Leitungen verstärken und neu verlegen können. Deshalb testen wir mit dem Konzept des „digitalen Netzanschlusses“, wie wir die Liegenschaft in ein dynamisches Lastmanagement einbeziehen und bei einer etwaigen Überlast des Straßenzuges eine Leistungslimitierung senden. Es ist wie auf einer Autobahn, auf der bei drohendem Verkehrskollaps die Geschwindigkeit herabgesetzt wird. Wir nutzen dafür auch EEBus als Standard für die energetische Vernetzung.“
Flexible Anschlüsse dürften für Haushalte Standard werden
Flexible Verbraucher wie das E-Auto müssen netzverträglich ins Gesamtsystem integriert werden. Deshalb wird derzeit auch das Prinzip der „Spitzenglättung“ in die Gesetzgebung eingebracht. Die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom Aachener Büro für Energiewirtschaft und technische Planung (BET) erstellte Studie empfiehlt, die Netzanschlusskapazität für jedes Gebäude künftig in zwei Teile zu trennen: die unbedingte und die bedingte Anschlussleistung. Der BET-Generalbevollmächtigte Dr. Wolfgang Zander erklärt dazu:
„Ein Teil soll dem Verbraucher jederzeit unbedingt und uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Er deckt die üblichen klassischen Verbräuche ab. Normale, unflexible Haushaltskunden würden also nicht schlechter gestellt. Beim zweiten Teil jedoch soll der Netzbetreiber zeitlich und im Umfang eng begrenzt die für flexible Einrichtungen verfügbare Entnahmeleistung einschränken können, wenn das Netz an seine Kapazitätsgrenzen kommt.“
Die Empfehlungen des BET stellen die Basis für die Neufassung des Paragraf 14a des Gesetzes (siehe auch Interview) zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW), das in die Gesetzgebung geht. Darauf stellen sich die beteiligten Hersteller heute schon ein, wie Ruwen Konzelmann von der Theben AG erklärt: „Mit unserer Lösung auf Basis von EEBus ermöglichen wir bereits jetzt den notwendigen, sektorenübergreifenden Informationsaustausch zwischen Verteilnetz, Smart Meter Gateway und EMS mit flexiblen Verbrauchern im Haus.“ Das Smart Meter Gateway biete dafür einen hochsicheren, anonymen Kommunikationskanal.
Neue Energie- und Mobilitätsformen erfordern einheitliche Standards um „blitzgescheit“ miteinander zu kommunizieren. Bild: David Mark/Pixabay
„Lastspitzen und Netzengpässe lassen sich durch intelligente Kommunikation vermeiden.“
Im Interview erklärt Ralph-Ino Prümm, Head of Product Management EEBus, warum diese „Sprache“ immer wichtiger wird und welche Vorteile sich daraus für alle Beteiligten ergeben.
Bereits seit Jahren gibt es Meldungen über den „E-Mobility Blackout“ oder den berüchtigten „Tagesschau-Effekt“ in den Wirtschaftsmedien. Wenn die elektrifizierte Mobilität wie geplant ausgebaut werden sollte, ist mit Lastspitzen und Netzengpässen zu rechnen. Wird es wirklich so schlimm oder lässt sich das durch Lastmanagement vermeiden?
Prümm: Das Thema ist jetzt bei den Liegenschaften angekommen. Denn weder diese noch die Kommunen und Energieversorger wollen ihre Anschluss- respektive Netzleistungen mit erheblichem finanziellen Aufwand erhöhen. Also muss man gerade im Bereich der Liegenschaften mit dem arbeiten, was man hat – und das kann in den meisten Fällen ausreichen. Denn Lastspitzen und Netzengpässe lassen sich durch intelligente Kommunikation aller Beteiligten auf jeden Fall vermeiden. Allerdings kann es durchaus sein, dass man die Energiemenge limitieren muss.
Klingt unangenehm. Weshalb?
Weil die Worst-Case-Alternative ein Zusammenbruch eines Teilnetzes sein könnte. Eine zeitweise Limitierung ist hier die bessere Wahl, da man hiervon in vielen Fällen gar nichts mitbekommen wird. Es geht hier immer um die Abwendung eines kritischen Zustandes. Weiter kann ein Netzanschluss, welcher in der Leistung limitiert werden kann, auch die Vergabe höherer Anschlussleistungen zur Folge haben.
Und ab wann kann der Ihrer Meinung nach eintreten? Trauen Sie sich da einen Zeithorizont als Prognose zu?
Wir müssen auf jeden Fall die Vorgaben der Bundesregierung bezüglich der Reduktion des CO2-Ausstoßes und der damit verbundenen Mobilitäts- und Heizungswende ernst nehmen. Es gab bereits diverse Studien dazu, ab wann speziell die Elektromobilität die Netze an ihre Grenzen bringen könnte. Fest steht, dass deshalb nicht jeder zu seinem Energieversorger gehen und sich einen Anschluss mit höherer Leistung legen lassen kann. Denn wenn das dann in der Straße alle machen, wird es mit dem Bestands-Trafo gegebenenfalls nicht mehr funktionieren. Fest steht auch, dass das Problem in den Ballungsräumen präsenter ist. Aber mit entsprechenden Energiemanagementsystemen und kommunikativ angebundenen flexiblen Verbrauchern kann man die politischen Vorgaben mithilfe der EEBustechnologie bei deutlich geringerem Netzausbau erreichen. Hier hilft auch eine dezentrale Energieerzeugung sowie bidirektionale Ladetechnik der Elektromobilität, mit der eine ausreichende Stromversorgung unserer Meinung nach machbar ist.
Aber PV-Anlagen oder Windkraft liefern doch eher ungleichmäßig Strom?
Umso wichtiger ist es, Energiebedarf- und Erzeugung in Einklang zu bringen. Über Energiemanagementsysteme muss gewährleistet werden, dass dann verbraucht wird, wenn Energie verfügbar ist, und gespart wird, wenn weniger Energie verfügbar ist. Die Phasen des „Sparens“ können durch Rückspeisung des Elektroautos ins lokale Gebäudenetz oder durch stationäre Batteriespeichersysteme gemildert oder gar gänzlich herausoptimiert werden.
Die Problematik der Kommunikation mit Lastmanagement samt geeichten Abrechnungsmodellen ist doch seit Langem bekannt – warum läuft das erst jetzt an?
Weil es zum einen bislang – abgesehen von der anfänglichen PV-Einspeisevergütung – attraktivere Anlagemodelle gab und zum anderen dies ein Umdenken der kompletten Branchen sowie der Endnutzer bedingt. Hier muss entsprechend gefördert, beraten und investiert werden. Mit den politischen Vorgaben und speziell der Novellierung des Paragraf 14a des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes werden Energiemanagementsysteme in die Haushalte einziehen, da eine Leistungslimitierung ein wichtiger Baustein ist. Um dies auch umsetzen zu können, benötigt man kommunikativ angebundene flexible Verbraucher, und schon sind wir im Geschäft. Ich gebe Ihnen recht, dass die Amortisierung heute noch gefühlt zu lange dauert, was den Masseneinsatz nicht gerade beschleunigt. Es bedarf hier geringerer Investitionen gepaart mit Förderungen oder anderen Finanzierungskonzepte wie Leasingmodelle bei der dem Nutzer die Technik am Ende der Laufzeit gehört.
Genau das wäre doch die Lösung für ein möglichst autarkes Energiemanagement auch im großen Stil?
Die Entwicklung geht auch dahin und in schätzungsweise zwei bis fünf Jahren wird verstärkt so gedacht werden. In den USA, wo man mit einem sehr schwachen Netz kämpft, und in Japan, wo das Fahrzeug als mobiler Energiespeicher gesehen wird, hat das Thema bereits massiv an Fahrt aufgenommen. Rein technisch gesehen liegen alle Puzzleteile auf dem Tisch – jetzt geht es darum, sie zusammenzusetzen! Entsprechend arbeiten wir in der Arbeitsgruppe „Grid“ jetzt auch verstärkt daran, „drinnen“ und „draußen“ zusammenzubringen – sodass die elektrischen Verbraucher und Speicher sowie die PV-Anlage der Liegenschaften mit dem Netz kommunizieren können. Dazu gehört neben einem intelligenten Energiemanagement zum Beispiel auch die Identifikation von Hotspots über eine Leistungsmessung auf Gebäude- oder Geräteebene und die Umsetzung von Sollwertvorgaben des Netzbetreibers. Im Grunde fehlt jetzt nur noch die konkrete Umsetzung der Gesetzgeberseite und wir könnten mit dem digitalen Netzanschluss starten.
Was sind die nächsten konkreten Ziele?
Eine Standardisierung und Erweiterung unseres SPINE „Baukastens“. Das von EEBus entwickelte Technologiekonzept SPINE steht für Smart Premises Interoperable Neutral-message Exchange. Es ermöglicht die Kommunikation zwischen den Anwendungen für unterschiedliche Branchenteilnehmer. Insgesamt arbeiten wir hier an sechs Clustern, wovon eines die Leistungslimitierung am Netzanschluss ist. Neue Use Cases rund um das Thema bidirektionales Laden von Elektrofahrzeugen wie eine Erhöhung des Eigenverbrauchs durch Rückspeisung der Batterieenergie in das lokale Netz des Gebäudes werden unseren Baukasten stetig erweitern. Auch geht es künftig darum, aus diesen Bausteinen neue Lösungen zu erstellen.
Auf den Punkt
Es ist … ein einheitlicher Kommunikationsstandard für Energie.
Schön, dass … so viel Aufwand in der Infrastruktur vermieden werden kann.
Schade, dass … der Kommunikationsstandard erst jetzt so richtig Fahrt aufnimmt.
Was haben Flotten davon? Im Idealfall geringere Kosten beim Ausbau des elektrifizierten Fuhrparks.
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