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what3words: Neue Möglichkeit der Orientierung dank Chris Sheldrick & Mohan Ganesalingam: In drei Worten um die Welt

Mit einer herkömmlichen Postanschrift landet man in der Regel vor einem Gebäude. Ein britisches Start-up aber macht es möglich, jeden 3x3 Quadratmeter großen Fleck auf der Erde anzusteuern. Wir sprachen mit David Shakory, Partnerships Director bei what3words. Von Bettina Brunner

Daimler hat das Potenzial von what3words früh erkannt und implementiert. Bild: what3words
Daimler hat das Potenzial von what3words früh erkannt und implementiert. Bild: what3words
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Redaktion (allg.)

Zwei Briten haben den Planeten neu vermessen: Chris Sheldrick war so unzufrieden mit den gängigen Navigationssystemen, dass er sich kurzerhand an Mohan Ganesalingam, einen Cambridge-Mathematiker, wandte und zusammen mit ihm eine neue Möglichkeit der Orientierung schuf – die Dreiwortadresse. Deren Potenzial ist enorm, wie auch die Automobilindustrie zunehmend feststellt. Was sich genau hinter dem System verbirgt und wie es sich bereits im Alltag bewährt, erklärt David Shakory, Partnerships Director bei what3words, im Interview.

Wie kam es zur Entwicklung von what3words?

David Shakory: Chris Sheldrick, einer unserer Gründer, kommt aus der britischen Musikbranche und hatte früher immer wieder Schwierigkeiten, die tatsächlichen Backstage-Eingänge für Musiker und Equipment zu kommunizieren, getrennt von den Besuchereingängen, sodass er irgendwann angefangen hat, Koordinaten durchzugeben. Als dann für einen Gig das gesamte Equipment wegen eines Zahlendrehers eine Stunde nördlich statt südlich von London auftauchte, war seine Geduld am Ende. Er setzte sich mit seinem alten Schulfreund Mohan Ganesalingam zusammen und der schlug vor, für ein neues Navigationssystem die Koordinaten an Wörter statt Zahlen zu koppeln. Nach einigem Ausprobieren kamen sie zu dem Schluss, dass ca. 25.000 bis 40.000 Wörter einer Sprache nötig sind, um ein Gitternetz zu beschriften, das aus je 3x3 Quadratmetern besteht und die ganze Welt umspannt.

Das beantwortet direkt die nächste Frage – warum Wörter statt Zahlen?

Sie sind einfacher zu sprechen, auch psychologisch gesehen. Es ist intuitiver, „ausblick.blumen.badesee“ zu sagen als eine 18-stellige Koordinate zu benennen. Es gibt allgemein mehr Spielraum, zum Beispiel bei Wörtern, die sich ähneln. Nehmen wir „ausblick.blume.badesee“, eine Koordinate, die sich nur in einem Buchstaben zur vorherigen unterscheidet. Sie ist im System geografisch so weit weg von der anderen Fundstelle verortet, dass ein Versehen sofort erkannt und ausgeschlossen werden kann. Bei Zahlenfolgen funktioniert das so nicht. Gibt man eine bloße Koordinate oder postalische Adresse ein – mit einem Tipper in der Reihenfolge oder Hausnummer – merkt man den Fehler meist erst, wenn man am falschen Ort ankommt. Auch Duplikate sind ein Problem. In Berlin alleine gibt es mehrere Pestalozzi-Straßen. Und vor allem, will man den Dienst mit der Sprachsteuerung, etwa im Auto, nutzen, sind Zahlen schlicht unpraktisch. „Hey Mercedes, bring mich zu „ausblick.blumen.badesee“, das ist schnell gesagt, eindeutig und einfach.

Wie ist man bei der Benennung der Quadrate vorgegangen?

Der Anspruch ist, in jeder Sprache die kürzesten und meist genützten Wörter dort einzusetzen, wo es die meisten Nutzer gibt. Das gilt für Metropolen weltweit. Im tiefsten Sibirien werden die Wörter entsprechend länger und ungewöhnlicher, weil sich dort tendenziell weniger Menschen aufhalten. Zusätzlich werden Homophone ausgeschlossen – ähnlich oder gleich klingende Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung oder Schreibweise.

Warum der Fokus auf Spracheingabe?

Spracheingabe kommt mehr und mehr und Hersteller setzen verstärkt darauf. Stichwort Alexa, Siri, Google Home. Sie ist schneller und simpler. Im Usecase Navigation liegt die Erfolgsquote aber erst bei 50 bis 60 Prozent, weil das ganze Repertoire von „Hauptstraße 12“ bis „Friedrich-Schiller-Allee 12/2“ abgeklappert werden muss. Mit what3words muss das System nur drei Wörter erkennen. Somit hat man statt 50 Prozent plötzlich über 95 Prozent Erfolgsquote. Natürlich kann man unsere Koordinaten auch tippen. Aber die Sprachbedienung ist unser USP.

Wie sieht dann eine konkrete Navigation mit dem Auto aus?

Ich starte immer mit einem bestimmten Call Word, bei unserem Partner Mercedes ist das zum Beispiel „Hey Mercedes“, um die Sprachsteuerung zu aktivieren, und schließe an mit „what3words“ plus den entsprechenden Koordinaten, etwa „glass.keys.rooftop“. An den Ergebnissen des Navis sieht man, sollte man etwas falsch aussprechen, dass die möglichen Ziele sehr weit voneinander entfernt sind, somit kann ich falsche Zielorte sofort ausschließen. Man wählt also das zutreffende Ergebnis aus und fährt los. Lange oder umständliche Adressen fallen komplett weg. Im Hintergrund kann man sich das so vorstellen: Es gibt 57 Billionen Wortkombinationen, denen unser Algorithmus mit Hilfe der Wortdatenbank eine Adresse aus drei Wörtern, eine sogenannte Dreiwortadresse, zuweist. Jede dieser Dreiwortadressen ist einer GPS-Koordinate zugordnet, sodass bei Eingabe einer Adresse immer der entsprechende Standort zurückgegeben wird. Das funktioniert mittlerweile in 46 Sprachen. Die Anwendung legt sich dabei quasi wie eine zusätzliche Schicht über den jeweiligen Map-Anbieter. Durch diese fixe Zuordnung von Dreiwortadresse an eine Koordinate funktioniert das System auch offline. Denn selbst ohne Internet hat man via Smartphone oft ein GPS-Signal. Deswegen werden wir auch von vielen Notrufsystem weltweit genutzt.

Man sollte die drei Wörter also vorab in Erfahrung bringen.

Ja, wenn man selbst einen Treffpunkt vereinbart. Ansonsten bekomme ich, wie bei postalischen Adressen, die Angaben zugespielt. Wir haben auch mehr und mehr Partner, welche die Dreiwortadresse im Impressum nutzen, oder Hotelketten wie die Kempinski Hotels, die den Eingang der jeweiligen Hotels mit einer Dreiwortadresse benennen. Ein Beispiel mit Aha-Effekt: Das Warrington Hospital in England. Dort werden wir genutzt, um zwischen all den verschiedenen Eingängen zu differenzieren, sei es Kardio, Geburtsstation oder Management. Würde man nur über Google Maps suchen, käme man lediglich zur postalisch allgemeinen Adresse.

Wie wird what3words angenommen?

Großbritannien ist unser Heimatmarkt, als britische Firma ist das einer unserer wichtigsten Märkte. In Deutschland verspüren wir gerade ein riesiges Wachstum. Vor etwa drei Jahren haben wir hier angefangen, mit Mercedes zu kooperieren, zeitgleich auch mit der DB Schenker, im B2B-Bereich. Gerade bei Lieferdiensten und in der Logistik, die gerade boomen, werden wir mehr und mehr genutzt. Zusteller:innen sparen sich viel Zeit, Geld und CO2, kein ganzes Bürogebäude mehr nach dem richtigen Eingang absuchen zu müssen. Das macht auch die Kund:innen glücklich. Es gibt aber weitere Orte, wo wir viel genutzt werden. Etwa die Mongolei. Hier wurden wir erstmals in die nationale Post integriert. Anschließend in sechs weiteren Ländern. In Europa arbeiten wir mit Hermes zusammen und pilotieren mit weiteren Zustellern. In Südafrika nutzt Apple uns zum Beispiel, um Kund:innen einen exakten Lieferort bestimmen zu lassen. Die Entwicklung der letzten drei, vier Jahre war enorm.

Für den Sektor Automobil ist what3words praktisch sofort einsetzbar. Die Implementierung ist eine vergleichsweise einfache Angelegenheit. Mit Hilfe unserer Online API kann schnell und einfach auf unseren Algorithmus zugegriffen werden. Für Automobilhersteller gibt es auch die Möglichkeit, unseren SKD-Server zu erhalten, aus technischer Sicht also eine simple Angelegenheit. Es ist das Drumherum, das Zeit kostet. Wir haben tatsächlich schon einige weitere Partnerschaften, nur müssen wir uns mit den offiziellen Announcements bis zum Produktstart gedulden. Eine weitere Möglichkeit für Automobilhersteller what3words zu nutzen, ist die Aktivierung direkt über TomTom oder HERE Maps, die wiederum what3words schon integriert haben.

Gibt es auch Interesse seitens öffentlicher Träger?

Speziell in Deutschland ist hier in den letzten zwölf Monaten sehr viel passiert. Es gibt mittlerweile über 30 Notrufzentralen, die what3words nützen können. Wenn sich Personen außerhalb der Stadt befinden – im Wald, im Skigebiet oder an einem See und nur ihre Umgebung höchstens beschreiben können – gerade für diese Einsätze wird unser Service mehr und mehr genutzt. Die Vorteile werden so schnell verstanden, weil für Rettungskräfte jede Sekunde zählt. Wir sind überzeugt davon, dass what3words irgendwann überall auf der Welt genutzt wird, und es ganz normal sein wird, eine Dreiwortadresse zu erhalten und zu dieser zu navigieren, anstatt sich nur auf ein klassisches Adresssystem zu verlassen, dass mehrere hundert Jahre alt und nicht kompatibel mit den Anforderungen unserer modernen Welt ist.

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Artikel what3words: Neue Möglichkeit der Orientierung dank Chris Sheldrick & Mohan Ganesalingam: In drei Worten um die Welt
Seite 60 bis 62 | Rubrik konnektivität
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