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CeMAT auf der Hannover Messe: Alles ist mit allem verbunden

Die Intralogistikschau CeMAT fand gemeinsam mit der HANNOVER MESSE statt. Was beide Partner in Sachen Vernetzung zu bieten hatten und warum der beste Zeitpunkt für 4.0-Lösungen jetzt ist. Von László Dobos, Thilo Jörgl, Sandra Lehmann und Matthias Pieringer.

DS 7
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Redaktion (allg.)
HANNOVER MESSE / CEMAT

Alles ist mit allem verbunden – eine Leitidee, die eigentlich vom Science-Fiction-Autor Douglas Adams („Per Anhalter durch die Galaxis“) stammt – hat es auf der diesjährigen Industrieleistungsschau Hannover Messe, die gemeinsam mit der Intralogistikmesse CeMAT stattfand, in die Realität geschafft. Nicht nur die Partnerschaft der beiden Messen sollte vom 23. bis zum 27. April das stetige Zusammenwachsen von Produktion und Logistik symbolisieren. Auch inhaltlich hatte sich ein Großteil der mehr als 5.000 Aussteller unter dem Motto „Integrated Industry – Connect & Collaborate“ dem Thema Vernetzung gewidmet – und das fern von jeder Utopie. So standen bei den rund 1.400 Veranstaltungen des Rahmenprogramms und an den Messeständen nicht mehr nur Zukunftsvisionen im Vordergrund, sondern vor allem konkrete Lösungen, um Industrie 4.0 und Logistik 4.0 in die Tat umzusetzen. Denn, wie die Messemacher bereits im Vorfeld verkündet hatten: Industrie 4.0 wird zum neuen Standard und wer seine Fabriken und Prozesse nicht digitalisiert, wird abgehängt.

Das Thema „Connectivity“ zog auch neue Player auf die Messe: zum Beispiel DS und Huawei. Der französische Autohersteller stellte am Huawei-Stand seinen DS 7 als „Connected Car“ vor. Klar, dass auch die Telekom einen großen Stand zum Thema „Connectivity“ auffuhr. Zumal man mit den künftigen 5G-Netzen ein Teil der Zukunft sein wird. Volkswagen stellte dagegen den ersten Moia-Prototypen aus: Der soll demnächst in Hamburg per Smartphone orderbare Mobilität zwischen Bus und Taxi sicherstellen und helfen, den Individualverkehr einzudämmen. Ein ähnliches „Rufbussystem“ hat Daimler unter anderem in Berlin mit Via am Start. Ein vergleichbares Konzept verfolgt der später autonom fahrende „Mover“, den e.GO Mobile gemeinsam mit ZF zur Serienreife entwickelt und ebenfalls in Hannover zeigte. Aber auch Energieunternehmen wie GP Joule präsentierten, wie sie sich konnektive Elektromobilität künftig vorstellen.

Industrie 4.0: Der letzte Zeitpunkt einzusteigen, ist jetzt
Wozu natürlich auch Ladetechnik gehört, die unter anderem Siemens mit im Gepäck hatte: „Digital Enterprise – Implement now“ war das Motto der „Siemensianer“, die in Hannover eine perfekte Plattform für die Breite ihres Portfolios fanden, das auch in Industrieprozesse hineinreicht. Dem „jetzt implementieren“ schloss sich der Logistikexperte Prof. Dr. Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund, an: „Industrie 4.0 ist nach wie vor hochaktuell. Und der letzte Zeitpunkt einzusteigen, ist jetzt.“ Antreiber und Möglichmacher der digitalen Evolution in Industrie und Logistik sind dabei die aktuellen Megatrends, die unter anderem vom Telekommunikationsunternehmen Vodafone und dem amerikanischen Marktforschungsunternehmen Gartner Inc. ermittelt wurden. Dazu zählen: das Internet der Dinge (IoT) und seine Integration in tägliche Arbeitsprozesse, künstliche Intelligenz, Narrow-Band-IoT, der digitale Zwilling sowie die wachsende Plattform-Ökonomie.

Drei dieser Themen hatte sich Siemens auf der Hannover Messe verschrieben. So zeigten die Münchner unter anderem etliche Beispiele aus unterschiedlichen Industrien, in denen der digitale Zwilling dazu beigetragen hatte, reale Produkte schneller, flexibler und ohne Prototypenphase zu entwickeln. Ergänzend dazu präsentierte das Unternehmen auch die Erweiterung seines cloudbasierten Open Source IoT-Betriebssystems MindSphere, mit dem Anwender aus allen Branchen und Wirtschaftszweigen ihre Produkte, Anlagen, Systeme und Maschinen vernetzen sowie entsprechende Applikationen zur dezentralen Steuerung entwickeln können. Ein Markt, in den mit wachsender Bedeutung des Internets der Dinge auch andere Player einsteigen. So unterzeichneten IrooTech, ein chinesischer Anbieter einer Internet-of-Things-Plattform für industrielle Anwendungen, auf der Hannover Messe Kooperationsverträge mit internationalen Partnern wie dem Betonpumpenhersteller Putzmeister. Ziel soll es sein, die bisher nur in Asien genutzte Plattform auch in Europa salonfähig zu machen. Für die nötige Sicherheit der IoT-Anwendungen möchte indes das Dresdner Start-up Contractus sorgen, das gemeinsam mit dem End-to-End IT-Dienstleister DXC Technology Hannover Messe nutzte, um ein sicheres dezentrales Industrie 4.0-Netzwerk vorzustellen. Die auf der Blockchain-Technologie basierende Lösung soll die rechtssichere Interaktion zwischen Geschäftspartnern ermöglichen, automatisierte Vertragsabschlüsse und deren Erfüllungsgrad dokumentieren sowie als Plattform vernetzter Produktion dienen.

Die Immobilie wird nur noch Wetterschutz und Energie-lieferant sein
Dass diese bereits heute schon umsetzbar ist, zeigte unter anderem Bosch mit seinem Portfolio. So stellte man beispielsweise eine wandelbare Fabrik vor, die sich je nach Anforderungsprofil flexibel verändern lässt. An Ort und Stelle bleiben nur Wände, Dach und Boden. Möglich machen soll das ein dezentrales Automatisierungskonzept mit schaltschrankloser Antriebs- und Steuerungstechnik. Die Kommunikation läuft laut Bosch über 5G, die Energie kommt via induktivem Ladesystem aus dem Boden. Verkürzte Reaktionen und eine geringere Fehlerquote soll zusätzlich die Softwareanwendung „Nexeed“ gewährleisten, die der Konzern ebenfalls vorstellte. Im Sinne des Veranstaltungsmottos ist die Lösung aber nicht nur für Produktionsprozesse geeignet, sondern auch für die Logistik anwendbar. Zum Beispiel zur lückenlosen Nachverfolgung von Fracht.

Ein Trend, den gleich mehrere Unternehmen im Messegepäck hatten, die man noch vor wenigen Jahren nicht mit Supply Chain Management und Logistik-IT in Verbindung gebracht hätte. So präsentierte der Automobilzulieferer Schaeffler 4.0-Lösungen, die gezielt auf die jeweilige Anwendung – auch in der Logistik – zugeschnitten sein sollen. Die aktuellste Referenz kommt dabei aus dem eigenen Haus: In seinem neuen Logistikzentrum realisiert das Unternehmen derzeit eine intelligente Instandhaltungslösung der betriebskritischen Aggregate. Sogenannte „SmartCheck“-Systeme überwachen permanent die Hub- und Fahrantriebe der Regalbediengeräte, Hebestationen und Spiralförderer. „Concept8“-Geräte schmieren bedarfsgerecht und autonom die Palettenfördertechnik und die Elektrobodenbahnen, so Schaeffler. Durch die Integration der Zustandsdaten und weiterer zentraler Betriebsparameter in die Visualisierung im Leitstand können dem Konzern zufolge kritische KPIs definiert und gezielt gesteuert werden.

 

Stapler melden ihre Servicebedürfnisse automatisch
Ganz ähnliche Logistik 4.0-Lösungen waren auch auf der benachbarten Intralogistikmesse CeMAT zu sehen, wo Staplerhersteller Toyota Material Handling Europe gemeinsam mit dem Softwareanbieter Microsoft ein Service-Tool zur vorausschauenden Wartung vorstellte. „T-Stream“ soll mithilfe von Vernetzung und Telematik dabei helfen, technische Probleme zu identifizieren, bevor diese überhaupt auftreten, so beide Unternehmen. Kunden soll die Anwendung geringere Ausfallzeiten und eine höhere Geräteauslastung ermöglichen. Das Internet der Dinge stand aber nicht nur in Sachen prädiktiver Wartung bei den CeMAT-Ausstellern und Referenten hoch im Kurs. So präsentierte Michael ten Hompel auf der Intralogistikmesse einen gemeinsam mit der Deutschen Telekom entwickelten Low-Cost-Tracker, der die langfristige und kostengünstige Lokalisierung von Gütern ermöglichen soll. Wie der Chef des Fraunhofer IML in einem Vortrag betonte, ermöglicht der robuste und wasserdichte Tracker beispielweise das Auffinden von Paletten, Transportboxen und Rollbehältern. Im Maschinennetz der Telekom beträgt die Akkulaufzeit der wieder aufladbaren Batterien bis zu zwei Jahre. „In absehbarer Zeit wird es Milliarden dieser Nachverfolgungsinstanzen geben, die dann ein Wertschöpfungsnetzwerk bilden“, prognostizierte ten Hompel.

Neben Foren und Diskussionsveranstaltungen konnten Besucher auch Rededuelle im sogenannten CeMAT Logistics Fight Club in Halle 24 verfolgen. Dazu hatte die Deutsche Messe mit den Partnern VDMA und Logline einen Stand im Stil eines Boxrings aufgebaut, wo an fünf Tagen jeweils zwei verbal ausgetragene Streits präsentiert wurden. Die Themenpalette reichte von „Logistik im Würgegriff des Datenschutzes“ über „Disruptive Geschäftsmodelle – Chance oder Tod der Branche“ bis hin zu „Stadt vs. Land: Ansiedlung im Zeichen der Digitalisierung – Verschieben sich die Verhältnisse?“. Eingeladen waren zu den verbalen Auseinandersetzungen im Boxring nicht nur prominente Vertreter von Ausstellern, sondern auch externe Experten für Themen wie Datenschutz oder Wirtschaftsförderung. Trotz dieser innovativen Ideen blieb es in den Messehallen der CeMAT 2018 – vor allem am ersten Messetag – eher ruhig. Waren 2016 noch 975 Aussteller auf die Intralogistikleistungsschau gekommen, gaben sich in diesem Jahr nur noch 640 Unternehmen ein Stelldichein. Und auch in Sachen Besucherandrang konnte die CeMAT nicht mit dem größeren Partner Hannover Messe mithalten. Der Intralogistikspezialist Vanderlande – mit seiner Automatisierungstechnik immer für einen interessanten Messeauftritt gut – war zwar auf der CeMAT präsent – jedoch nur im Rahmen eines einzelnen kleineren Picking-Exponats im Pavillon des Toyota-Mutterunternehmens. Vanderlande-Konkurrent und Generalunternehmer SSI Schäfer trat ebenso auf der Intralogistikmesse auf – jedoch mit einem im Vergleich zur diesjährigen Stuttgarter Intralogistikmesse LogiMAT deutlich verkleinerten Portfolio.

Die Viastore Software GmbH hat hingegen in diesem Jahr nicht mehr auf die CeMAT gesetzt, sondern ihren Stand in Halle 7 auf der Hannover Messe gebucht. Die Stuttgarter widmeten den Messeauftritt den „effizient vernetzten Materialflüssen in Logistik und Produktion“. „Wir möchten neue potenzielle Kunden kennenlernen, nicht nur in der Logistik, sondern auch im Industrieumfeld von Produktion und Fertigung“, sagte Dr. Matthias Schweizer, Leiter Marketing der Viastore-Gruppe. Außerdem fokussierten die Stuttgarter darauf, neue Mitarbeiter anzusprechen: „Wir wollen hier unsere zukünftigen Kollegen kennenlernen“, so Schweizer gegenüber VISION mobility. Wie viele langjährige und neue Aussteller die CeMAT nach diesem Messedurchgang an sich binden kann, wird sich zeigen – bis zum 20. April 2020. Dann findet die Logistikleistungsschau erneut fünf Tage lang gemeinsam mit der Hannover Messe statt. Man darf abwarten, welche Blüten die neue Konnektivität – auch der Messen – dann treiben wird.

Auf den Punkt

Sie ist … die größte und wichtigste Industriemesse.

Schön, dass … auch hier sich immer wieder wirklich futuristische Exponate finden lassen.

Schade, dass … ob der schieren Größe der Messe man nie genug Zeit für alle Details findet.

Was haben Flotten davon? Eine interessante Gesamtübersicht über verschiedene Systeme, die auf reinen Fahrzeug- und Telekommunikationsmessen so nicht zu finden ist.

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Artikel CeMAT auf der Hannover Messe: Alles ist mit allem verbunden
Seite 60 bis 63 | Rubrik Konnektivität
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