Tesla kündigt Robo-Taxi für August an
Liebe Leserinnen und Leser,
man schüttelt ja wirklich fast täglich den Kopf, betrachtet man die Art und Weise, wie Deutschland seine technologische Führungsposition in der (Auto-)Mobilität zerquatscht und zerredet. Jetzt mischt sich nach der politischen Retro-Allianz der „üblichen Verdächtigen“ auch noch eine komplett „neue“ politische Kraft ein, tischt aber gleich „olle Kamelle“ auf. Das Bündnis Sahra Wagenknecht rüttelt ebenfalls am Verbrennerausstieg und will Deutschland zu einem „Hotspot einer neuen Verbrennergeneration“ machen. Das geplante Verbrenner-Aus habe „dem Siegeszug chinesischer Batterieautos in Europa den Weg bereitet“ und sei „ein schwerer wirtschaftspolitischer Fehler, der eine Schlüsselindustrie und viel Wohlstand in Deutschland vernichten wird“. Eine völlig verquere Logik. Es ist umgekehrt: Das viel zu lange Festhalten am Verbrenner ist eben die Ursache dafür, dass die China-Marken Deutschland als Leitnation der Automobilität abzulösen droht – oder, nimmt man die Marktbedeutung hinzu, längst abgelöst hat.
Nicht zuletzt ADAC-Präsidenten Christian Reinicke betrachtet die Elektrifizierung des Verkehrs schlicht als alternativlos und fordert Rückenwind von der Politik ein statt Bremsmanövern. „Wir müssen uns endlich sachlich mit dem Thema befassen. Die Tatsachen liegen doch auf dem Tisch, das Problem ist die Umsetzung – und das geht die gesamte Gesellschaft an. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, gibt es keine Alternative zum möglichst breiten Umstieg auf Elektromobilität“, erklärte der oberste deutsche Automobillobbyist. „Wir befinden uns in einer kritischen Situation“, warnt auch der Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM). Die Politik müsse klare Orientierung geben. Hersteller und Zulieferer würden mit dem Verbrenner-Aus von 2035 an rechnen. Alle Entwicklungen, die das ein Stück weit infrage stellen, seien daher Gift, mahnt der Experte. Die Statistik gibt ihm recht: Der Anteil von Elektroautos an neu zugelassenen Fahrzeugen nimmt seit Monaten ab, im März waren es nur noch 11,9 Prozent. 37,8 Prozent der Neuzulassungen dagegen sind auf Autos mit Benzinantrieb, 18,3 Prozent auf Diesel, ein verheerendes Rollback. 1,41 Millionen reine Elektroautos sind in Deutschland zugelassen. Und die Targobank ermittelte stagnierendes bis sinkendes Interesse am Umstieg.
Das 2030er-Ziel mit 15 Millionen E-Autos sieht nicht nur Christian Reinicke als völlig illusorisch an, wenn man berücksichtigt, dass die vielen Benzinautos, die jetzt gekauft werden, zehn bis 15 Jahre rollen. Falls sie denn rollen: Denn die Spritpreise werden spätestens nächstes Jahr merklich anziehen, fossile Mobilität wird deutlich teurer. Das sollte also „Chefsache“ sein – und endlich auch vom Kanzler so deutlich an seine Landsleute kommuniziert werden. Umgekehrt wird doch ein Schuh draus: Es gilt, eine positive Vision von nachhaltiger Mobilität zu zeichnen. Und Lust auf Elektro zu machen, statt den Frust zu verstärken.
Geben Sie weiter Strom, in einer Woche hoffentlich ohne weitere Kopfschüttelmomente.
Johannes Reichel
Stvtr. Chefredakteur VISION mobility