Ford-Aufsichtsrat Herrmann weist Bild-Thesen zurück und fordert klaren Elektro-Kurs
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
an uns liegt es nicht: Selbstverständlich verbringt die Redaktion VISION mobility ihre Ferien elektrisch, auch wenn es einem nicht immer leicht gemacht wird. Ein Kollege kämpfte sich mit einem Kia EV9 durch die Ladeprärie der Vereinigten Staaten. Und ein weiterer mit einem reichweitenschwachen, für die Vermietung ziemlich ungeeigneten Peugeot e-2008 First Generation, vom Elektrisch eher wenig ambitionierten Vermieter Europcar durch den zwar dichten, aber ladeleistungsschwachen Ladedschungel in Schottland. Lokale Ladekarte an Bord: Fehlanzeige. Shell NewMotion und EnBW-Karte wurden nicht akzeptiert an den Charge-Point-Scotland-Säulen. So blieb nur das teure „Pay per Use“, manchmal funktionierte auch das Laden per Spezial-App. Beider Eindruck: Wenn wir uns dies- und jenseits des Atlantiks nicht sputen, hängt uns der Elektro-Leitmarkt China noch weiter ab, als das ohnehin schon der Fall ist.
Und wenn die Europäer und speziell die Deutschen ihre von populistischen Politikern reichlich gefütterte statt bekämpfte Elektro-Aversion nicht überwinden, sind wir auf dem besten Weg, eine Retro-Republik zu werden. „Deutschland verschläft die Elektro-Wende“, mahnte Brandenburgs SPD-Wirtschaftsminister Steinbach. Er sieht das Bundesverkehrsministerium auf dem völlig falschen Kurs. Das sei für Deutschland kontraproduktiv.
VW musste aus dem Grund jüngst die Trinity-Plattform verschieben, mit Numbat geht ein weiteres, so hoffnungsvoll gestartetes und innovatives Unternehmen aus deutschen Landen unter in der Elektroflaute. Und Ford klagt im Einklang mit vielen Herstellern über hohe Verluste im E-Auto-Geschäft. Umso höher ist es dem Ford-Aufsichtsrat Gunnar Herrmann anzurechnen, dass er die Suggestivfragen der offenbar heillos verbrennerverliebten Bild-Zeitung brüsk zurückwies und für einen klaren Elektro-Kurs plädierte. Ob es eine eigene Fahrspur für E-Autos braucht, wie BMW es vorschlägt, sei dahingestellt. Sicher ist aber: Es braucht endlich „Vorfahrt fürs E-Auto“, den Nutzenden gehört buchstäblich der „rote Teppich“ ausgerollt statt Hürden in den Weg gestellt. Und es braucht mehr Lust auf automobile Zukunft.
Einen „lustvollen“ Start in die neue Woche wünscht
Johannes Reichel
Stv. Chefredakteur VISION mobility