E-Auto-Zölle: Kfz-Gewerbe erwartet höhere Preise - VW-Chef hofft auf Verhandlungslösung
Liebe Leserinnen und Leser,
nun kommen sie also doch, die Zölle auf Pkw aus China. Bis zu 35,3 Prozent soll der Aufschlag betragen – man darf gespannt sein, wie sich das auf die Preise auswirkt. Tatsächlich bereiten immer mehr chinesische Anbieter ihren Einstieg in den EU-Markt vor, doch bislang hält sich ihr Absatz in engen Grenzen, denn: Auch die chinesischen Anbieter versuchen ihr Glück erstmal im höherpreisigen Segment und bieten hier eher Premiummodelle mit All-in-Ausstattung an, kaum günstiger als die Hersteller aus Europa oder den USA. Nach wie vor fehlt es zudem an dichten Händlernetzen, digitalen Funktionalitäten und Ladegeschwindigkeit. Aber klar, das wird sich ändern und die Angebote werden besser.
Hätten sie aber auch in der EU werden können: Seit ewigen Zeiten ist bekannt, dass der CO2-Ausstoß runter muss und dass sich eben absolut nicht jeder ein Fahrzeug über 40.000 Euro leisten kann! Doch die Entwicklung kleiner Stromer geht schleppend voran und verblieb bisher eher im Ankündigungsmodus. Dazu kommen gekappte Förderungen von E-Autos, sodass die Antriebs- und Energiewende vor allem in Deutschland gerade massiv stockt. Nun kommt das Schizophrene: Die Politik will den CO2-Ausstoß so schnell wie möglich senken, reduziert aber mit den Zöllen gleichzeitig das bezahlbare Angebot, eben das zu tun.
In China wiederum boomen Stromer und neue einheimische Marken dank einer klugen Förder- und Strompreispolitik. E-Autos rücken dort auch wegen der höheren Stückzahlen immer näher ans Preis-Pari mit Verbrennern heran und profitieren von einem wachsenden Ladenetz. Das setzt die europäischen und amerikanischen Hersteller unter Druck, denn: Sowohl die Marken selbst als auch die Verbrennerverkäufe werden schwächer, und wenn jetzt noch Gegenzölle kommen, dürfte das China-Geschäft weiter nachlassen.
Weshalb gerade Deutschland ein massives Problem mit den Zöllen hat, denn Audi, BMW, Mercedes-Benz und VW laufen in China dramatisch besser als französische oder italienische Marken. Und natürlich haben auch Polen und die Türkei, die ebenfalls ihre Fahrzeugindustrie ankurbeln, kein Interesse am Erstarken chinesischer Hersteller. Außer, diese bauen vielleicht im Land Fertigungskapazitäten auf. Und danach scheinen gerade viele chinesische Anbieter zu suchen, was der einzige positive Effekt wäre. Denn umgekehrt muss man auch klar sehen: Wer in China Autos verkaufen will, musste diese bislang ausschließlich mit Partnern vor Ort produzieren. Seit hier ein paar Unternehmen ins Wackeln gerieten, erlaubt man aber auch Mehrheitsbeteiligungen „ausländischer“ Hersteller.
Trotzdem: Zölle waren schon immer ein Zeichen dafür, dass die eigenen Produkte nicht mehr wettbewerbsfähig waren und eben durch diese „geschützt“ werden müssen. Wie es China indirekt auch mit seiner Industrie tat, um die erstmal mit Partnerhilfe wettbewerbsfähig zu machen. Was sie auch wurden. So gut, dass BMW die zweitürigen elektrischen Minis und den Aceman aus China holt, Mercedes-Benz Smart zur Hälfte an Geely verschob und die komplette Smart-Technikentwicklung und -Produktion nach China verlagerte und der VW-Konzern unter anderem den Cupra Tavascan aus China importiert. Wie Citroen übrigens auch den C5X oder DS den DS9 und wie Stellantis überhaupt Modelle von Leapmotor importiert …
Daran sieht man, dass in der Industrie der Freihandel gesetzt ist und die Zukunft sein wird, denn: Trotz aller Widrigkeiten und Kriege ist die Welt doch eins und entwickelt sich just dort hin! Historisch betrachtet waren Zölle noch nie eine dauerhafte Lösung, weshalb wir auch diesmal nicht an eine nachhaltige Wirkung glauben – dafür aber einen Zwist mehr haben.
Abgesehen davon rollen mit Citroen eC3 oder Skoda Elroq gerade zwei neue spannende bezahlbare Stromer made in EU an, denen bald weitere folgen werden. Und deren Preise chinesische Fabrikate erstmal schaffen müssen …
Gregor Soller
Chefredakteur VISION mobility