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„Wenn es endlich läuft, dann läuft es“

Beim 4. SCL Kongress auf Schloss Ettersburg diskutierten Politik, Logistik und Wissenschaft über Logistik und Elektromobilität von morgen.

Die Teilnehmer des Projekts Smart Distribution Logistik beim SCL-Kongress auf dem Schloss Ettersburg bei Weimar. | Foto: Tobias Schweikl
Die Teilnehmer des Projekts Smart Distribution Logistik beim SCL-Kongress auf dem Schloss Ettersburg bei Weimar. | Foto: Tobias Schweikl
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Redaktion (allg.)

Beim Smart-City-Logistik-Kongress (SCL-Kongress) treffen sich alljährlich Politik, Wissenschaft und Anwender, um über City-Logistik und Verteilerverkehre der Zukunft zu diskutieren. Initiator des Kongresses ist das Projekt Smart Distribution Logistik und dessen Konsortialführer Dako GmbH. „Eine unserer Hauptaufgaben ist es, den wirtschaftlichen Aspekt der E-Mobilität zu betrachten“, so Thomas Becker, Geschäftsführer von Dako.

Den Konferenzauftakt machte unter dieser Vorgabe in diesem Jahr das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, vertreten durch Christian Liebich aus dem Referat für die Entwicklung digitaler Technologien. „Es ist beim Elektroauto einiges in Bewegung geraten“, so seine Wahrnehmung. Der Abschied vom Verbrennungsmotor sei bereits eingeläutet, ein Weitermachen wie bisher wäre fahrlässig. Als konkrete Maßnahmen der Politik, die diesen Wandel flankieren, nennt er die Umweltprämie für E-Autos, ein Förderprogramm in Höhe von 300 Mio. Euro für (Schnell-)Ladestationen, die Subventionierung von Forschungsprojekten und nicht zuletzt: die Änderung der Ladesäulenverordnung, um durch erleichterte Planungsprozesse den Infrastrukturausbau zu beschleunigen.

Das nächste Ziel der Politik sieht Liebich in der Schaffung ordentlicher Rahmenbedingungen für alle Beteiligten der Elektromobilität. „Für alle Akteure herrscht derzeit noch Planungs- und Investitionsunsicherheit“, so der Mann aus dem Ministerium. Es solle deshalb vom Wirtschaftsministerium ein „Runder Tisch E-Logistik“ unter Beteiligung des Deutschen Dialog Instituts geschaffen werden.

Elektrisches Kühlfahrzeug

Einen sehr anschaulichen Einblick in die ganz praktischen Probleme mit der E-Mobilität gab Thomas Wallrabenstein von der EGV Lebensmittel für Großverbraucher AG. Er berichtet vom testweisen Einsatz eines E-Lkw vom Typ E-Force in der Lebensmittelverteilung bei Transgourmet. Das Fahrzeug ist mit seinem Multitemp-Aufbau von Kress als sogenanntes Mehrkammerfahrzeug mit verschiedenen Temperaturzonen ausgelegt und beliefert bei Transgourmet Großküchen mit Lebensmitteln und Küchenausstattung. Obwohl auch die Transportkühlung über die Fahrzeugbatterien läuft, erreicht der E-Lkw bei Transgourmet laut Wallrabenstein eine Reichweite von 130 Kilometern, was für seine Zwecke vollkommen ausreichend sei.

Gänzlich zufrieden ist der Logistiker dennoch nicht. „Das beginnt schon damit, dass man bei den E-Lkw das nehmen muss, was es gibt und nicht das nehmen kann, was man braucht“, so Wallrabenstein. Im konkreten Fall ist das ein elektrischer Verteiler-Lkw mit 408 PS: „Die Fahrer finden das auf jeden Fall toll, die Kostenrechner eher nicht.“

Und auch die Planungs- und Anlaufphase des Projekts hatte ihre Tücken. „Es dauerte rund 2,5 Jahre von der Entscheidung bis zum Einsatz“, so Wallrabenstein. Ein Haupthindernis: die Stromversorgung für die Ladestationen. Der örtliche Stromversorger konnte die benötigte Leistung zunächst nicht liefern. Es sei sogar eine eigene Transformatorstation nötig geworden, Kostenpunkt rund 50.000 Euro. Das war erst möglich, nachdem man sich die entsprechenden Zuschüsse organisiert hatte. „Wenn es aber endlich läuft, dann läuft es auch problemlos“, so sein Fazit.

Seit Juni 2017 ist der E-Lkw bei Transgourmet somit nun ein „vollwertiger Ersatz“ für einen Diesel-Lkw. „Man muss sich das Fahrzeug aber leisten wollen“, so Wallrabenstein. „Und ein Depot in Stadtnähe ist auch nötig.“ Aus seinen Worten wird deutlich, dass Transgourmet sich vermutlich keinen weiteren E-Force mehr leisten will. Die E-Mobilität hat man aber dennoch nicht zu den Akten gelegt: ein Streetscooter Work sei bereits bestellt und komme ab Jahresbeginn 2018 zum Einsatz.

Dass es auch jetzt schon rentabel geht, berichtete Andy Illgen von der Framo GmbH. Das Unternehmen entwickelt und produziert seit einigen Jahren E-Lkw auf Basis eines MAN-Chassis. Im Angebot sind Fahrzeuge zwischen 7,5 und 44 Tonnen, die je nach Kundenanforderungen mit mehr oder weniger Batterien ausgestattet werden, um die Kosten im Griff zu behalten.

„Am Anfang steht immer eine Anwendungsanalyse mit Energiebedarfsermittlung“, so Illgen. „Anschließend werden von uns mögliche Ladefenster identifiziert und die nötige Batteriekapazität ermittelt.“ Framo hat sich in den vergangenen Monaten die Just-in-Time-Logistik als lohnendes Einsatzfeld für E-Lkw erschlossen. „In der Produktionsversorgung fahren die Lkw im Schnitt einen bis 30 Kilometer vom Zulieferer bis zum Werk und dann wieder zurück. Der Einsatz ist zudem gekennzeichnet von viel Stop&Go“, so Illgen weiter. „Das ist ideal für uns.“

Der Framo-Lkw koste derzeit je nach Auslegung etwa um den Faktor zwei bis drei mehr als ein vergleichbarer Diesel-Lkw. Dafür habe man aber je nach Strompreis geringere Energiekosten und – noch viel entscheidender – durch den Wegfall des Verbrennungsmotors deutlich weniger Wartungs- und Reparaturaufwand, so die Kalkulation. Auch der Framo-Experte sieht die Stromversorger derzeit noch als großes Hindernis auf dem Weg in die Elektromobilität. „Oft ist es die größte Herausforderung, ein Kabel auf den Betriebshof zu bekommen, das die nötige Leistung liefert“, so Illgen.

Framo selbst ist mit seinen werkstattgefertigten E-Lkw ebenfalls auf dem Weg, sich zu professionalisieren. Service und Miete werden mittlerweile über die BFS Business Fleet Services GmbH angeboten, ein eigener 24-Stunden-Notruf, Abschleppservice und Ersatzfahrzeug seien damit abgedeckt. Darüber hinaus verhandele man derzeit mit dem ADAC TruckService als Pannenhelfer.

"Ein Stau bleibt ein Stau"

Auch Dr. Sebastian Stütz vom Fraunhofer Institut in Dortmund sieht die Elektromobilität auf gutem einem Weg. „Ja, die großen OEMs sind zu spät eingestiegen und ja, die Energieversorger sind zu spät aufmerksam geworden. Aber seien Sie versichert, die Fahrzeughersteller kommen demnächst alle mit eigenen elektrischen Lösungen und auch die Energieversorger haben das Problem erkannt“, beruhigt der Wissenschaftler die Kongress-Teilnehmer.

Er sieht in den demnächst auf den Markt kommenden E-Fahrzeugen nicht das Ende, sondern eher den Anfang einer langfristigen Entwicklung. „Elektromobilität ermöglicht es uns, ganz neue Fahrzeugkonzepte zu denken“, so der Forscher. Schließlich seien Elektroantriebe im Verhältnis zum Verbrennungsmotor klein und auch relativ einfach. „Man kann beispielsweise über Indoor-Delivery-Konzepte nachdenken“, so Stütz. Die emissionslosen E-Lieferfahrzeuge könnten zum Beispiel komplett in ein Gebäude hineinfahren und würden dann nachts die Anwohner nicht mehr mit Be- und Entladelärm belästigen.

Der Forscher verweist in diesem Zusammenhang auf das Fraunhofer-Projekt „Geräuscharme Nachtlogistik“ (GeNaLog) auf Basis von E-Lkw. „Die Elektromobilität per se löst aber nicht alle unsere Probleme“, ist Stütz auch kritisch. „Ein Stau bleibt ein Stau, auch mit Elektroautos“. Und auch an Zufahrtsbeschränkungen und ungünstigen Liefersituationen in Innenstädten würden Elektromotoren nichts ändern. Und auch der Strom wird nicht zwingend klimafreundlich hergestellt. Doch an diesen Problemen kann man arbeiten.

(Autor: Tobias Schweikl)

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